Das Nervensystem (NS) enthält zwei Klassen von Zellen: Neurone (Nervenzellen) und Gliazellen (Glia). Die Glia füllt die Räume zwischen den Neuronen aus, ernährt sie und moduliert ihre Funktion. Neurone sprechen auf Phänomene sowohl der äußeren wie auch der inneren Umwelt an - Licht, Druck, Berührung, Temperatur, Laute, Stoffkonzentration, Schmerz und das Strecken von Muskeln. Sie leiten diese Informationen an andere Nervenzellen für die Weiterverarbeitung, für bewusste Erfahrungen, Empfindungen und für die Speicherung (Gedächtnisfunktion). Andere Neurone regulieren die Muskelkontraktion und die Sekretion von Drüsen. In seiner Gesamtheit reguliert das NS sämtliche Aspekte der Körperfunktionen.
Abb. 1-1: Modell einer typischen Nervenzelle.

1 Zellkörper (Soma),
2 Dendriten,
3 Axonhügel und Initialsegment,
4 Axon,
5 Kollaterale,
6 Endverästelungen des Axons,
7 präsynaptische Endigung,
8 Nucleus,
9 Nucleolus,
10 endoplasmatisches Retikulum,
11 Golgi-Apparat,
12 Markscheide,
13 Neurofilamente und Neurotubuli,
14 Mitochondrien
15 Internodium,
16 Schnürring,
Der Pfeil gibt die Richtung des Signalflusses an.
1. Neurone (Nervenzellen)
Allen Neuronen gemeinsam ist die Eigenschaft, einen elektrischen Impuls
entlang ihrer Ausdehnung zu leiten und an andere Zellen (meist zu anderen
Neuronen, aber auch zu Muskel- oder Drüsenzellen) zu vermitteln. Die
Kontaktorte mit anderen Zellen, über die diese Signale weitergegeben
werden, werden als Synapsen bezeichnet. Trotz der sehr unterschiedlichen
Aufgabenbereiche und der beobachteten Formvielfalt ist der Bauplan der
Neurone sehr stereotyp (Abb. 1-1).
1.1 Bauplan von Neuronen
Fast alle Neurone besitzen vier strukturell definierte Abschnitte, die ganz
bestimmte Teilfunktionen vermitteln: Das Soma (Zellkörper,
Perikaryon), die Dendriten, Fortsätze, die Erregungen zum
Zelleib leiten, das Axon, ein Fortsatz, der Erregungen vom Soma
weg leitet, und die präsynaptische Endigung, ein
spezialisierter Endigungsbezirk des Axons (Abb.
1-1).
Das Soma enthält einen hellen, blasigen Kern (Nucleus) mit
deutlichem Nucleolus sowie Zellorganellen wie Ribosomen, Lysosomen,
endoplasmatisches Retikulum und Golgi-Apparat. Die Ribosomen der Neurone lassen
sich mit basischen Farbstoffen deutlich färben; das Färbeprodukt wird
als NISSL-Substanz (Tigroidsubstanz) bezeichnet. Im Soma findet die Protein- und
Membransynthese statt. Von hier werden die neu gebildeten Makromoleküle in
die Fortsätze transportiert (dendritischer und axonaler Transport). Das
Soma synthetisiert auch Neurotransmittersubstanzen, die zu den
präsynaptischen Endigungen transportiert werden. Seine Form wird weitgehend
von der Zahl, Organisation und Orientierung der Fortsätze bestimmt.
Dendriten sind Ausziehungen des Somas. Sie besitzen
demgemäß einen breitbasigen Abgang und verjüngen sich,
meist unter starker Verästelung, zur Peripherie. Dendriten sind darauf
spezialisiert, Signale von Sinneszellen oder von Axonen anderer Neurone zu
empfangen. Sie wandeln diese Signale in elektrische Impulse um und reichen sie
dann an den Zellkörper weiter. Da ihre Oberfläche (wie die des Somas)
als Kontaktfläche für eingehende Impulse dient, bestimmen
Größe und Orientierung der Dendriten wesentlich die Funktion der
Neurone (Abb. 1-2). Einige Dendriten tragen
in Form von Dornen (engl. spines) spezialisierte Kontaktbereiche; für
dornentragende oder dornenfreie Neurone hat sich der Begriff "spiny/aspiny
neurons" etabliert.
Legende
nach der Orientierung der Dendriten werden allo- (links) und isodendritische Neurone unterschieden.
Das Axon (Neurit) ist der Leitungsapparat des Neurons. Neurone
enthalten nur ein einziges Axon, das sich im Endigungsgebiet allerdings meist
stark verzweigt. Daher kann ein einziges Axon mit vielen Neuronen gleichzeitig
verschaltet sein. Das Axon besteht aus einem dünnen,
röhrenförmigen Fortsatz, der die Impulse ausschließlich vom Soma
weg leitet. Er entspringt am Axonhügel, einem Ribosomen- (NISSL-Substanz-)
freien Bezirk des Somas. Ihm folgt distal ein kurzer markscheidenfreier Bezirk,
das Initialsegment. Die Axonlänge kann beim Menschen bis zu 1m
betragen. Sein Durchmesser ist im Gegensatz zum Dendrit konstant und
beträgt in der Regel zwischen 1 und 10 µm. Er ist direkt proportional
zur Leitungsgeschwindigkeit des elektrischen Impulses (bis zu 400 km/h). Axone
werden vom Zytoplasma der Gliazellen (= markloses Axon) oder von
Gliazellmembranen (= myelinisiertes Axon) isoliert; sie sind daher nicht
"nackt". Myelinisierte Axone leiten schneller als marklose.
Myelinisierung: siehe [1]
Im Axon finden sich neben Aktin- und Intermediär- (Neuro-) filamenten
besonders viele Mikrotubuli. Sie dienen dem Transport von Strukturproteinen,
Organellen und Enzymen entlang des Axons. Der Stofftransport vom Soma zur
Endigung wird als anterograder axoplasmatischer Transport, derselbe
Prozess in der Gegenrichtung wird als retrograder Transport bezeichnet.
Zu Unterschieden zwischen Dendrit und Axon siehe
[2]
Präsynaptische Endigung und Synapse: In der Peripherie
endet das Axon mit der präsynaptischen Endigung. Von hier wird das
elektrische Signal an die nächste (postsynaptische) Zelle weitergegeben.
Ihre Membran ist vom Axonendknopf durch einen schmalen Spalt
(synaptischer Spaltraum) getrennt (Abb. 1-3). Der Kontaktbereich zwischen beiden
kommunizierenden Zellen wird als Synapse bezeichnet. Jede Synapse besteht daher
aus zwei strukturell getrennten Hauptkomponenten, einem Sende- und einem
Empfangsteil. Der Sendeteil wird als präsynaptisches Element dem
postsynaptischen Empfangsteil gegenübergestellt. Der Informationsfluss geht
nur in eine Richtung.
Synapsentypen: Prinzipiell gibt es zwei strukturell und
funktionell unterschiedliche Arten von Synapsen: elektrische und chemische.
Die meisten Synapsen sind chemisch durch einen Überträgerstoff
(Neurotransmitter). Die Wirkung eines Neurotransmitters wird dabei allein
von der Reaktion des Rezeptors bestimmt. Abhängig vom Rezeptortyp
resultiert aus der Erregung der vorgeschalteten Zelle entweder eine Erregung
(Exzitation) oder eine Hemmung (Inhibition). Die chemischen Synapsen sind daher
strukturell (Ort und Morphologie der Kontakte), physiologisch (erregend und
hemmend) und biochemisch (Überträgerstoff und Rezeptortyp) zu
unterscheiden.
Beachten Sie: Im allgemeinen anatomischen Sprachgebrauch wird die neuronale
Verschaltung innerhalb langer Leitungsbahnen mit der "Weiterleitung" von
Impulsen oder der Aktivierung der nachgeschalteten (postsynaptischen) Neurone
gleichgesetzt. In diesem Sinne ist ein Neurotransmitter eine Substanz, die vom
Nervenende eines Neurons freigesetzt wird um einen Nervenimpuls zum anderen
Neuron weiterzuleiten, also zur Erregung führt. Tatsächlich vermitteln
Neurotransmitter auch Hemmung. Wahrscheinlich existieren im ZNS sogar mehr
hemmende als erregende Kontakte. Es ist daher nicht korrekt, die neuronale
synaptische Verschaltung mit Informationsweiterleitung gleichzusetzen.
Nicht der Neurotransmitter, sondern der Rezeptor bestimmt das Geschehen
an der Synapse (subsynaptischen Membran).
Abb. 1-3: Beziehung zwischen Neuronen.

1 Endverästelung
2 präsynaptische Endigung (knopfartige Anschwellung des
Axonendes, Axonterminale, Endkolben),
3 synaptische Bläschen/Transmittervesikel,
4 Mitochondrien,
5 Neurotubili,
6 subsynaptischer Verdichtung,
7 Synapsenspalt mit Membranadhäsion
8 synaptischer Dorn,
9 subsynaptische Membran.
Legende
a), Synapsentypen. Das präsynaptische Element
einer Synapse wird (fast immer) von einem Axon gebildet. Das postsynaptische
Neuron kann durch einen Dendriten, das Soma oder das Axon eines anderen Neurons
repräsentiert sein:
1 axo-dendritische (A-D) "spiny" synapse (Dornensynapse)
2 axo-dendritische "aspiny" synapse
3 axo-axonische (A-A) Synapse.
Bei der axo-dendritischen Synapse erfolgt der Kontakt entweder an einem
dorntragenden Dendriten, der sich in den Endkolben einsenkt (Dornensynapse,
c) oder an einem glatten Dendriten b).
d) Bei der axo-axonalen Synapse bildet der Endknopf eine Axons
eine Synapse mit einem anderen Axon. Wenn das nachgeschaltete Element ebenfalls
von einem Endknopf gebildet wird, spricht man von einer präsynaptischen
Verbindung.
Neuro-muskuläre Verbindung und neuro-hämale
Synapse: Auch der Kontakt zwischen Neuron und Muskelfaser, Neuron und
Gefäß oder Neuron und Drüse wird als Synapse bezeichnet. Man
spricht dann von einer neuro-muskulären Verbindung (motorischen Endplatte),
neuro-hämalen (-sekretorischen) Synapse, bzw. neuro-glandulären
(epithelialen) Synapse. Durch Aktionspotentiale werden auch hier
Neurotransmitter oder Botenstoffe freigesetzt, die Muskelkontraktion, Hormon-
oder Sekretfreisetzung bewirken (Abb.
1-4).
Abb. 1-4: Neuro-muskuläre Verbindung und neuro-hämale Synapse.

1 Axon,
2 Termininalverzweigung,
3 Skelettmuskelfaser,
4 Sarkolemm,
5 SCHWANN-Zelle am Axonende (Teleoglia),
6 Myofibrillen,
7 subsynaptische Membran (subneurales Faltenfeld),
8 motorische Endplatte
Legende
a, c Schematische Darstellung einer neuromuskulären
(motorischen) Endplatte. Die Axone der Motoneurone bilden Synapsen mit
Skelettmuskelfasern. Bei ihr besteht das postsynaptische Element aus einer
Muskelfaser, die eine muldenförmige Vertiefung bildet. Als Neurotransmitter
dient Azetylcholin.
b, d Neuro-hämale Beziehung. Hier wird das postsynaptische
Element von der Kapillarwandung gebildet. An der neuro-hämalen Verbindung
erfolgt die Freisetzung von Botenstoffen an das Blutgefäßsystem mit
Wirkung auf entfernte Zielzellen.
e Neuro-glanduläre Beziehung.
1.2 Klassifizierung von Neuronen
Eine Einteilung von Neuronen kann aufgrund ihrer Stellung im Leitungsschema oder
nach morphologischen, funktionellen und biochemischen Kriterien erfolgen
- nach ihrer Stellung im Leitungsschema des NS: Eingangsneurone (afferente Neurone), Ausgangsneurone (efferente Neurone), Projektionsneurone und Interneurone,
- nach der Zahl der Fortsätze: uni-, bi- und multipolare Neurone (Abb. 1-5),
- nach der Größe des Somas: großzellige (magnocelluläre) und kleinzellige (parvocelluläre) Neurone,
- nach der Länge des Axons: langaxonige Neurone (Golgi Typ I) und kurzaxonige Neurone (Golgi Typ II),
- nach der Orientierung der Dendriten: iso- und allodendritische Neurone (Abb. 1-2),
- nach der Zellform: z.B. spindelförmig, Pyramidenzelle, Kandelaberzelle,
- nach Autoren: z.B. Purkinje-Zelle, Retzius-Zelle.
- nach ihrer Funktion: motorische Neurone (Motoneurone), sensible Neurone (sensible Ganglienzellen) und Assoziationsneurone (Schalt- oder Interneurone).
- nach biochemischen Eigenschaften ( Kap. 21).
Legende
a Unipolare Neurone besitzen nur einen Fortsatz.
b Bipolare Neurone besitzen zwei Fortsätze, die von den polaren
Enden der (meist spindelförmigen) Zellkörper abgehen (Retina, sensible
Ganglien des CN VIII).
c, Bei Ganglienzellen von Rückenmarks- und Hirnnerven spaltet
sich der Fortsatz in kurzem Abstand vom Soma in einen proximalen und distalen
Ast (pseudouni-polare Neurone).
d Bei den multipolaren Neuronen entspringen mehrere Fortsätze
vom Soma. Mit der Ausnahme des einen Axons, stellen alle Fortsätze
Dendriten dar.
e Neurosekretorisches Neuron. Hier finden sich im reich verzweigten
Axon Auftreibungen (Varikositäten), die durch dünne intervariköse
Segmente getrennt sind.
1.3 Zellgruppierungen
Schaltkreise: Neurone sind in Schaltkreisen organisiert. Diese sind nach strengen Regeln aufgebaut. Die Kenntnis der Verschaltungsregeln besitzt große Bedeutung für die Interpretation von normalen und gestörten Hirnfunktionen, aber auch für die modellartige Beschreibung der Arbeitsweise des Nervensystems in Form von neuronalen Netzwerken.
Legende
a Divergenz innerhalb einer Verbindung führt zu einer
"Amplifizierung" des Signals.
b Divergenz in mehrere Projektionen lenkt das Signal in getrennte
Regionen.
c, Konvergenz mehrerer Eingänge desselben Ursprungs auf ein
einziges Neuron.
d, Konvergenz mehrerer Eingänge (1, 2, 3) unterschiedlicher
Herkunft auf ein Neuron.
Für die Reizaufnahme und Weitergabe in Form motorischer Aktivität sind mindestens zwei Neurone vorhanden. Diese direkte Verbindung eines sensiblen Neurons (Abb. 1-7a) mit einem motorischen Neuron (Abb. 1-7b) bildet den einfachen Reflexbogen. In der Regel werden jedoch Interneurone zwischen die sensiblen und motorischen Neuronen eingeschaltet. Dadurch wird ein sensibles Neuron in die Lage versetzt, mehrere motorische Neurone zu beeinflußen (Divergenz), während gleichzeitig ein motorisches Neuron durch viele sensible Neurone stimuliert werden kann (Konvergenz). In diesem Sinne integrieren und verstärken Interneurone Reflexe.
Abb. 1-7: Schaltkreise von Neuronen, dargestellt am Beispiel segmentaler und vertikaler Reaktion auf einen peripheren Reiz (Stichverletzung).

1 Rezeptor,
2 sensibles Axon,
3 Spinalganglienzelle,
4 Rückenmark,
5 Motoneuron,
6 Effektor,
7 aufsteigende sensible Faser,
8 Hirnstamm,
9 somatosensibler Cortex,
10 Kommissurenfasern,
11, motorischer Cortex,
12, absteigende motorische Faser (Pyramidenbahn).
Die Pfeile geben die Erregungsrichtung an.
Legende
a, b einfacher Reflexbogen,
c, d zusammengesetzter Reflexbogen mit interregionalen
Verbindungen, die durch lange Projektionsaxone gebildet werden.
Graue und weiße Substanz: Die graue Substanz
(Griseum) besteht aus Zellkörpern mit meist marklosen Fortsätzen.
Sie findet sich im Hirnmantel (Pallium) als oberflächlich gelegenes,
geschichtetes oder plattenförmiges Grau (Kortex). In subkortikalen Regionen
sind zellreiche ("graue") Substanzanhäufungen meist durch weiße
Substanz voneinander getrennt. Sie werden dort als subkortikales, tiefes Grau,
oder einfach als Nucleus (Ncl., Kern) bezeichnet.
Die weiße Substanz (Album) ist durch das Auftreten
markhaltiger Nervenfasern (Axone) gekennzeichnet. Nervenzellen fehlen hingegen
oder sind sehr spärlich, während zahlreiche Gliazellen zu finden sind.
Wie bei der grauen Substanz wird auch hier zwischen der weißen Substanz
des Hirnmantels (Marklager) und den subpallialen Markfasern (Bündel)
unterschieden.
Unterschiede der Organisation von weißer Substanz im peripheren
und zentralen NS [3]
Als Mischformationen, Eigenapparat, Gittersubstanz oder Substantia
reticularis werden Gebiete bezeichnet, in denen die Nervenfasern netzartig
verflochten sind und sich mikroskopisch ungeordnet darstellen. Im Gegensatz zum
meist hochgeordneten Aufbau von Zellensembles in den "typischen" Kernen des NS
und der Bündelung von Fasern in der weißen Substanz herrscht in
Mischformationen eine vermeintliche Unordnung.
Ganglien sind Anhäufungen von Nervengewebe, das außerhalb
des ZNS liegt bzw. in den Verlauf von peripheren Nerven eingeschaltet ist.
Makroskopisch sind Ganglien als Anschwellungen (sog. Nervenknoten) erkennbar.
Man unterscheidet Ansammlungen sensibler Neurone (Spinal- und
Hirnnervenganglien) von solchen viszero-motorischer Neurone, die zum
autonomen NS gehören.
Legende
a, b: Spinalganglion[4]
(Azan)
c, d: vegetatives Ganglion [5]
(Viszeralganglion; Ggl. ciliare, HE-Färbung).
Ganglien: Multipolare Zelle: Vegetatives Ganglion
(Die Ganglien des vegetativen NS lassen sich in
sympathische und parasympathische Ggl. unterteilen.
Sie enthalten die Somata der postganglionären Neurone,
die die Eingeweideorgane der Peripherie versorgen.
Die Perikaryen der präganglonären Neurone liegen
immer im ZNS. Die synaptischen Kontakte mit den
postganglionären Neuronen liegen also innerhalb der vegetativen
Ganglien.)
Histologisch finden sich vielgestaltige,
multipolare Zellen (postganglionäre Neurone),
die
häufig in Gruppen liegen. Die die Neurone umgebenden Mantelzellen sind
unregelmäßig angeordnet.
zahlreichen Zellfortsätze sind nur im Ansatz zu erkennen. !)
2. Gliazellen (Glia)
Die Glia umfaßt alle nicht-neuronalen (Parenchym-)
Zellen des
NS.
Gliazellen (GZ) sind:
- weit zahlreicher als NZ
- Stütz- und Nähr-Elemente der Neurone
- für das interzelluläre Milieu verantwortlich
- Isolatoren von Axonen
- Isolatoren der Hirnsubstanz (durch Aufbau von Grenzmembranen)
Im Gegensatz zu NZ:
- besitzen sie nur einen Fortsatztyp ("Prozessus")
- besitzen sie keinen (lichtmikroskopisch erkennbaren) Nucleolus
- bilden sie keine Synapsen
- sind sie nicht (wie NZ) erregbar
- bleiben sie auch nach der Geburt teilungsfähig (besonders nach zerebralem Trauma)
Gliazellen werden aufgrund ihrer Herkunft
- aus dem Neuroepithel als Neuroglia
- aus der Neuralleiste als periphere Glia
- aus dem hämatopoetischen System als Mesoglia (Bestandteil des Monozyten/Makrophagen-Systems) bezeichnet
Einteilung der Glia
Vorkommen | Zelltypen | Zellgröße | |
---|---|---|---|
Neuroglia | ZNS | Astrozyten [6] (Abb. 1-10a) (Astroglia) |
etwa 18-20 µm (= Makroglia) |
Oligodendrozyten [7] (Abb. 1-10b) (Oligodendroglia) |
etwa: 3-8 µm | ||
Spezialzellen: (Ependymozyten / Tanyzyten und Plexuszellen) (Abb. 1-10c) |
|||
Periphere Glia | PNS | Schwann-Zellen (= Neurilemm-Zellen) |
|
Spezialzellen: (Mantelzellen) | |||
Mesoglia | ZNS | residentielle Makrophagen (aus haematopoetischem System) |
etwa 2-3 µm (= Mikroglia [8]) |
Abb. 1-10: Morphologie von Gliazelltypen (Antikörper gegen das CD15-Epitop).[9]
Die Markscheide (Myelinhülle) wird im peripheren Nervensystem (PNS) von SCHWANN-Zellen, im ZNS von Oligodendrozyten aus konzentrischen Lamellen der Plasmamembran gebildet. Die membranösen Ansammlungen von Myelin sind auf Segmente des Axons (Internodien) beschränkt. Die Zwischensegmente werden als Schnürringe bezeichnet. Myelin wirkt als Isolator, so daß die aktivierbare Membran auf die Oberfläche der Schnürringmembran reduziert wird und die Erregung von Schnürring zu Schnürring springend (saltatorisch) weitergeleitet wird. Hierdurch wird die Leitungsgeschwindigkeit erhöht. Zusätzlich wird der Energieverbrauch gegenüber der kontinuierlichen Leitung gesenkt.
Legende
Im PNS und ZNS. Die spiralige Umwicklung von Axonen durch spezialisierte Plasmamembranen wird als Markscheide bezeichnet. Die Umwicklung ist auf Einzelsegmente des Axons (Internodium) beschränkt und läßt die Schnürringe (Nodalregion) frei. Im ZNS (oben) erfolgt die Bildung der Markscheide durch Oligodendrogliazellen, im PNS (unten) durch SCHWANN-Zellen.
3. Degeneration und Regeneration im NS
Infolge einer Schädigung des NS kommt es zu morphologisch faßbaren
Veränderungen. Besonders gut untersucht sind Nervenzellveränderungen
nach mechanischer Durchtrennung von Axonen. Veränderungen, die den
Abschnitt peripher (distal) der Durchtrennung betreffen, werden als
absteigende (WALLER'sche) Degeneration bezeichnet. Veränderung
der proximalen Axonabschnitte und der zugehörigen Nervenzelle werden als
retrograde Degeneration bezeichnet. Auch das durch die
Axondurchtrennung betroffene (deafferenzierte) Gebiet weist reaktive
Veränderungen auf (transneuronale Degeneration), deren Außmaß
von der Menge und Bedeutung des betroffenen Faserkontingents für das
Zielgebiet abhängt.
Unter Regeneration versteht man die funktionelle Wiederherstellung oder den
Ersatz von Leitungsbahnen. Dies ist im ZNS des Menschen nicht möglich, wohl
aber im PNS, wenn ein struktureller Leitweg vorhanden ist. Damit die
Aussprossung durchtrennter Axone aus dem proximalen Nervenstumpf
tatsächlich in das geschädigte Gebiet hinein gelingt, werden die
durchtrennten Nerven chirurgisch durch Naht verbunden.
4. Zusammenfassung
Das Neuron bildet mit seinen Fortsätzen eine morphologische, trophische
und funktionelle Einheit.
Es wird in 4 Hauptabschnitte gegliedert: Soma, Dendrit, Axon und
präsynaptische Endigung.
Die Übertragung eines Nervenimpulses auf ein nachgeschaltetes Neuron
(Neurotransmission) erfolgt über spezialisierte Kontaktbereiche, die
Synapsen.
Die Neurotransmission setzt die Freisetzung eines Neurotransmitters durch die
präsynaptische Zelle, seine Diffusion durch den synaptischen Spalt und
seine Bindung an spezifische Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran voraus.
5. Fragen / Selbsttest
1. Aus welchen beiden Zellklassen setzt sich das Nervengewebe zusammen?
2. Durch welche Eigenschaften unterscheiden sich die Nervenzellen (NZ) von
anderen Körperzellen?
3. Welche Gliazelltypen können Sie unterscheiden?
4. Klären Sie folgende Begriffe:
Nervenzelle, Neuron, Soma, Perikaryon, Dendrit, Axon, Neuropil
unipolar, bipolar, pseudounipolar, multipolar
Intermediärfilamente [10],
Mikro-(Neuro-)tubuli, Neurofibrillen
Synapse (inhibitorische, exzitatorische)
Erregungsbildung und -Leitung (Richtung des Erregungsablaufs)
Rezeptor, Effektor, Leitungsbogen, Reflex
sensibel (sensorisch), motorisch, afferent, efferent
somatisches (animales), autonomes (vegetatives) Nervensystem
5. Welche Färbungen werden zur Differenzierung des Nervengewebes
eingesetzt?
6. Wie stellen Sie folgende Strukturen gezielt dar?
Soma, Markscheide, Neurofibrillen, Gesamtzelle
6. Links
http://
synapses.clm.utexas.edu/anatomy/neuropil/figure2.gif
http://webvision.med.utah.edu/IPL.
html
http://www.stammzellen.nrw.de/ueber-stammzellen/videos/stammzellen-teil-
ii.html