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23 Die Hüllen von Gehirn und Rückenmark (Meningen)

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Gehirn und Rückenmark werden von drei Hüllen umgeben, die als Hirnhäute (Meningen) bezeichnet werden. Sie heißen von außen nach innen: Dura mater (harte Hirnhaut), Arachnoidea (Spinngewebshaut) und Pia mater (weiche Hirnhaut). Die Dura mater ist äußerst derb, sehr reißfest und dick (daher der Name Pachymeninx: pachys, gr., dick). Arachnoidea und Pia mater sind im Gegensatz dazu dünn und sehr fein. Sie gehen häufig ineinander über und werden deswegen auch als Pia-Arachnoidea oder Leptomeninx (von leptos, gr., fein) zusammengefaßt.

1. Meningen im Bereich des Gehirns

Die kraniale Dura mater besteht aus zwei miteinander verschmolzenen Schichten: dem äußeren periostalen und dem inneren meningealen Blatt. Ihr inneres Blatt bildet an verschiedenen Stellen Falten oder Taschen, die flächenhaft von der Schädelwand in die Schädelhöhle hineinragen (Großhirnsichel, Falx cerebri; Kleinhirnzelt, Tentorium cerebelli, Kleinhirnsichel, Diaphragma sellae, Cavum trigeminale). Bevorzugt an den Stellen, wo die Duraduplikaturen septenartig in die Schädelhöhle hineinragen, kommt es zur Bildung von Blutleitern, Sinus durae matris. In sie entleeren sich die oberflächlichen cerebralen Venen (Kap. 22). Darüberhinaus dient die Dura mater der Auskleidung der Schädelkapsel und der Gliederung der Schädelhöhle in verschiedene Abteilungen; schließlich erhöht sie die Stabilität des Schädelraums.

Die Arachnoidea ist eine gefäßfreie, halbdurchsichtige Membran, die durch sog. Trabeculae mit der Pia materverwoben ist. Diese Trabekel helfen, das Gehirn innerhalb des Flüßigkeitskissens zu stabilisieren. Da die Arachnoidea der inneren Oberfläche der Dura mater anhaftet, folgt sie ihrem Verlauf nach nur der groben Oberfläche des Gehirns, senkt sich aber nicht in die Sulci ein, während die Pia mater die äußere Oberfläche des zentralen Nervensystems exakt wiedergibt. Der Subarachnoidalraum bildet daher einen konfluierenden, flüssigkeitsgefüllten Raum zwischen Arachnoidea und Pia mater, der das Gehirn völlig umgibt. Die Tiefe dieses Raumes ist sehr unterschiedlich. Sie ist sehr klein an den Windungskuppen, aber dort, wo das Oberflächenrelief des Gehirns unregelmäßig wird, überspannt die Arachnoidea größere Bezirke, in denen sich eine beträchtliche Menge Liquor ansammelt. Sie werden dann als Subarachnoidalzisternen oder kurz Zisternen bezeichnet (z.B. Cisterna cerebellomedullaris, Cisterna pontis, Cisterna interpeduncularis, Cisterna ambiens, Cisterna venae Galeni).

Die Pia mater folgt im Gegensatz zur Arachnoidea genau der Oberfläche des ZNS. Die Arachnoidalbälkchen verschmelzen mit der Pia mater, so daß es äußerst schwierig ist zu entscheiden, wo die Arachnoidea endet und die Pia beginnt.

2. Meningen im Bereich des Rückenmarkes

Auch das Rückenmark wird von drei Hirnhäuten umhüllt. Es gibt jedoch einige wichtige Unterschiede. Am Foramen occipitale magnum werden beide Blätter der Dura getrennt. Das (innere) meningeale Blatt geht als unmittelbare Fortsetzung der Dura mater encephali in die spinale Dura über, während das äußere (periostale) Blatt das Periost der Wirbelkörper bildet. Das (innere) meningeale Blatt bildet eine einschichtige Membran, die vom Periost der Wirbelkörper durch einen Epiduralraum getrennt ist. Die spinale Durahülle (und ihre Arachnoidalbegrenzung) endet ungefähr auf der Höhe des zweiten Sakralwirbels, während das Rückenmark selbst (beim Erwachsenen) bereits auf der Höhe des ersten und zweiten Lendenwirbelkörpers endet. Zwischen diesen beiden Punkten gibt es eine große Subarachnoidalzisterne, die Lumbalzisterne. Hier wird normalerweise Liquor entnommen, da hier die Nadel mit relativ geringem Risiko eingeführt werden kann.

Es können folgende Räume unterschieden werden:

Tabelle 23-1:
1. Der Epiduralraum zwischen Dura und Schädel bzw. Wirbelkörper.
2. Der Subduralraum zwischen Dura und Arachnoidea. Unter normalen Bedingungen findet sich hier ein kapillarer Spaltraum. Wenn sich hier Blut ansammelt, spricht man von einem Subduralhämatom.
3. Der Subarachnoidalraum zwischen Arachnoidea und Pia.
Legende

a, Lage des Rückenmarks im Spinalkanal.
b, Beziehung des Rückenmarks zu den Rückenmarkshäuten und zur Wirbelsäule.
1, Epiduralraum (mit Fett und Venen), 2, Subduralraum, 3, Subarachnoidalraum (Liquorraum), 4, Periost, 5, Dura, 6, Arachnoidea, 7, Pia, 8, Wirbelkörper, 9, Spinalnerv, 10, Spinalöganglion, 11, Wirbelkörper.

3. Funktion der Meningen

1. Verankerung (Stabilisierung) von Hirn und Rückenmark im Schädel- und Wirbelbereich
2. Gewährleistung von Volumen- und Gefügeverschiebungen.
3. Metabolische Funktion.

4. Liquor cerebrospinalis / Plexus choroideus

Der Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) ist in den inneren Liquorräumen (Ventrikel und Zentralkanal) und äußeren Liquorräumen (Subarachnoidalraum) enthalten. Er unterliegt einer fortlaufenden Bewegung. Er wird von den Adergeflechten (Plexus choroideus) gebildet (ca. 150 ml pro Tag), gelangt über 3 Öffnungen des 4. Ventrikels in den Subarachnoidalraum und wird (hauptsächlich) im Schädel in das venöse System rückresorbiert. Resorptionsorte sind die Granulationes arachnoidales (Pacchioni) (aber auch die perineuralen lymphatischen Abgänge der Spinalnerven).

Abb. 23-1: Liquorpassage
Legende

Der Liquor fließt von seinem Ursprungsort in den Plexus choroidei durch die inneren Liqourräume und nach Austritt durch die Aperturen (A. mediana und laterales) in den Subarachnoidalraum. Von der hinteren Schädelgrube zirkuliert der Liquor einerseits um des Kleinhirn, andererseits zu den Basalzisternen. Hier vereinigen sich beide Liquorströme im Bereich der Z. ambiens am Isthmus bzw. Tentoriumschlitz. Von hier erreicht der Liquor die Subarachnoidalräume der Hirnkonvexität. (Daneben besteht ein kranio-kaudaler Liquorstrom im Bereich des Rückenmarks). Die Arachnoidalzotten sind die hauptsächlichen und wichtigsten Resorptionsorte des Liquors in das venöse System. Funktionell handelt es sich dabei um Ventile, die den Fluß nur vom Subarachnoidalraum in das venöse Gefäßnetz zuläßt, aber nicht in der Gegenrichtung. Da der Liquordruck erheblich größer ist als der venöse Druck, gestatten die Arachnoidalzotten normalerweise eine kontinuierliche Flüßigkeitsbewegung.

5. Zirkumventrikuläre Organe

Die zirkumventrikulären Organe liegen in den Mittellinienbereichen der Ventrikel (Abb. 23-2). An diesen Stellen besteht eine direkte Kontaktfläche zwischen dem Hirn- und dem Liquorsystem einerseits und dem Gefäßsystem andererseits. Das Ependym ist hier lückenhaft und ohne eine abdichtende subependymale Gliafaserschicht. Das Kapillarsystem ist an diesen Stellen besonders ausgeprägt und die Rezeptordichte für Hormone und für Zytokine ist besonders groß.

Abb. 23-2: Topographie der zircumventrikulären Organe
Legende

Die wichtigsten Organe sind das Infundibulum, das Organum vasculosum der Lamina terminalis und das Corpus pineale, die Area postrema.

Abk.:
1, Neurohypophyse,
2, Eminentia mediana,
3, Organum vasculosum der Lamina terminalis,
4, Subfornikalorgan,
5, Subkommissuralorgan,
6, Area postrema,
7, Arachnoidalzotten.

6. Klinische Hinweise

6.1 Liquorentnahme

Die Gewinnung von Liquor erfolgt meist Punktion (Lumbal-, Subokzipitalpunktion) um eine Untersuchung des Liquors und eine Bestimmung des Liquordrucks vorzunehmen.

6.2 Liquorblockade

Eine Behinderung der physiologischen Liquorzirkulation wird als Liquorblockade bezeichnet.

6.3 Raumfordernde Prozesse

Jede nicht mehr durch Ausgleichsbewegungen des flüssigen Rauminhalts kompensierbare intrakranielle Volumenschwankung führt schließlich zu einer Steigerung des intrakraniellen Drucks. Dies führt zu Hirndurchblutungsstörungen und Massenverschiebungen des Gehirns. Als Folge kommt es zur Schädigung von Hirn- bzw. Nervengewebe und evtl. zu Einblutungen. Eine Kompression des Hirnstamms führt dann in der Regel zum Tode.

6.4 Blutungen

Die tatsächlichen oder fakultativen Räume, die zwischen den drei Hirnhäuten liegen, können unter bestimmten krankhaften Prozessen zu flüßigkeitsgefüllten Räumen werden (Epidural- Subdural-, Subarachnoidalblutung).