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15 Hirnrinde, Cortex cerebri

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1. Gliederung

Die Gliederung des Cortex cerebri ist in Kap. 3 beschrieben. Sie ist in Abb. 15-1 vereinfacht abgebildet.

Abb. 15-1: Gliederung des Cortex cerebri

1, G. praecentralis,
2, S. centralis,
3, G. postcentralis,
4, Lobulus paracentralis,
5, Praecuneus,
6, G. angularis,
7, G. supramarginalis,
8, S. lateralis,

9, Impressio praeoccipitalis,
10, Planum polare,
11, Planum temporal,
12, S. calcarinus,
13, parieto-occipitalis,
14, S. occipito-temporalis,
15, S. collateralis.

Legende

a, Lateralansicht der Hemisphären. Die Oberfläche ist flächig ausgebreitet; dadurch sind die in der Lateralfurche verborgenen Strukturen freigelegt und diejenigen Teile des Temporal- und Okzipitallappens, die an der Medialseite der Hemisphären liegen sind dargestellt (punktiert ).

b, Sagittaldarstellung.

Abk.: F: Gyrus (G) frontalis (1-3: sup., med., inf.); ICL: Interkommissurenlinie, O: G. occipitalis (1-3: sup., med., inf.; O4: G. occipito-temporalis , O5: G. lingualis, O6: Calcarinarinde);
P1/2: Lobulus parietalis sup./inf.
Q: G. transversi (Hörwindung);
T: G. temporalis (1-3: sup., med., inf.; T4: G. fusiformis, T5: G. parahippocampalis mit Cortex entorhinalis und Uncus);

2. Zytoarchitektur des Cortex cerebri

Als Cortex cerebri wird das oberflächlich gelegene geschichtete Grau der Hemisphären bezeichnet. Seine Dicke reicht von 1,5 mm in der primär-visuellen Region bis zu 4,5 mm in der primär-motorischen Region. Die Anordnung der Neurone innerhalb des Cortex erfolgt in Schichten, Laminae. Der Grundtypus ist beim Säuger sechsschichtig (Isocortex); deutliche Abweichungen davon werden als Allocortex bezeichnet (z.B. Rindenabschnitte mit dreischichtigem Aufbau: Palaeocortex und Archicortex). Aufgrund der zytoarchitektonischen Unterschiede lassen sich verschiedene Felder unterscheiden, die von K. Brodman (entsprechend seiner Arbeitsfolge) nummeriert wurden. Diese Feldnummerierung (z.B. Area, 4; 3,1,2; 17,18,19) gilt auch heute noch als Kürzel, um sich über die Lokalisation im Kortex zu verständigen.

Abb. 15-2: Bauplan des Iso- (Neo-) cortex mit 6 Schichten
Legende

a, Laminae,
b, Zellelemente,
c, allgemeines Zellschema des Kortex,
d, Organisation der Afferenzen und Efferenzen des motorischen Kortex,
e, Zellschema des motorischen Kortex,
f, Organisation der Afferenzen und Efferenzen des sensorischen Kortex,
g, Zellschema des sensorischen Kortex. Die wichtigsten Bauelemente sind die Pyramiden- (PZ) und Körner-(Stern-) Zellen (KZ). Die Pyramidenzellen besitzen eine dreieckige Form, deren spitzes Ende zur Oberfläche gerichtet ist. Von Spitze und Basis gehen dornenbesetzte Dendriten ab. Die Körnerzellen sind klein und ihre Dendriten verzweigen sich sternförmig in alle Richtungen (daher auch als Sternzellen bezeichnet). Ihr Axon ist kurz und verzweigt sich in der Nähe des Zellkörpers.

Der Grundbauplan des Neocortex wird regional variiert. Für die sensiblen Rindengebiete ist das Auftreten der kleinen, dichtgepackten Körnerzellen in den Laminae II und IV typisch ("Verkörnelung"), die im motorischen Kortex weitgehend fehlen; daher ist für den motorischen Kortex die "agranuläre" Rindenstruktur typisch.

Die spezifischen Afferenzen aus dem Thalamus (S) treten hauptsächlich in die Schicht IV ein; unspezifische Fasern (NS) enden in allen Schichten. Der Ursprung der Projektionsfasern liegt vorwiegend in LV, der der Assoziations- und Kommissurenfasern vorwiegend in den Schichten II und III. Abk.: Afferenzen: S: spezifische Afferenzen; NS: nichtspezifische Afferenzen. Efferenzen: Py: Cortico-spinale und cortico-nucleäre (Pyramidenbahnsystem); CS: cortico-subcorticale Fasern (z.B. zu den Basalkernen); CT: cortico-thalamische Fasern; CC: Commissurenfasern.

Tabelle 15-1: Grundstruktur, auf welche alle spezifischen Strukturen des Neocortex zurückgeführt werden können.

Lamina

Zellbild

Faserbild

Merkmale

I Lamina zonalis
(molekulare oder plexiforme Schicht)
Tangentialfaserschicht Synapsenzone, wenig Zellen,
Faser- und Gliazellreichtum (Astrozyten)
II L. granularis ext.
(äußere Körnerschicht)
  kleine Zellen
III L. pyramidalis ext.
(äußere Pyramidenzellschicht)
   
IV L. granularis int.
(innere Körnerschicht)
äußerer Baillager'scher Streifen  
V L. pyramidalis int.
(innere Pyramidenzellschicht)
innerer Baillager'scher Streifen  
VI L. multiformis
(Spindelzellschicht)
  Lage der polymorphen Zellen

3. Myeloarchitektur des Kortex

Die Bahnverbindungen des Kortex umfassen intrakortikale Fasern (Assoziations- und Kommissurenfasern) sowie Projektionsfasern (afferente und efferente Bahnen, die die Großhirnrinde mit subkortikalen Hirnabschnitten verbinden).

Assoziationsfasern verbinden kortikale Regionen derselben Seite,

Kommissurenfasern verbinden Regionen einer Seite mit korrespondierenden Regionen der anderen Seite.

Projektionsfasern: Die Afferenzen (corticopetale Fasern) umfassen die somato-sensiblen Bahnen (sog. Taststrahlung), die Hör- und Sehstrahlung, die Geschmacksfasern, sowie die Fasern, die Impulse aus den Basalganglien und dem Kleinhirn zur Kontrolle der willkürlichen Bewegung vermitteln. Alle diese Fasern werden im Thalamus umgeschaltet und erreichen den Kortex über den Thalamusstiel (Corona radiata, Stabkranz). Sie enden vorwiegend in Lamina IV, die damit als das "Haupteinfallstor" der Hirnrinde bezeichnet werden kann. Die Efferenzen (corticofugale Fasern) sind bei der Besprechung der Motorik genannt worden. Alle diese Projektionsfasern müssen durch das Nadelöhr der inneren Kapsel hindurchziehen (Kap. 11). Zu den Projektionssystemen gehören auch Neurotransmitter und Neuropeptidsysteme, die nicht im Thalamus umgeschaltet werden (Kap. 21).

4. Verschaltung

Schicht

Abb. 15-3: Grundmuster der Zellverknüpfung im Neocortex
Legende

Die spezifischen Afferenzen aus dem Thalamus enden in der Schicht 4 (Lamina IV). Sie bedingen dort eine kräftige, örtlich begrenzte Aktion. Die Erregung wird einerseits über erregende Interneurone (Körner-/ Sternzellen) an benachbarte Pyramidenzellen, andererseits über hemmende Interneurone (Korbzellen) an entfernte Pyramidenzellen weitergegeben. Dadurch entsteht in der Umgebung der erregten Pyramidenzellen ein Hemmungshof. Weitere Kontakte erfolgen mit Pyramidenzellen der 2. und 5. Schicht (*).

Alle Efferenzen gehen von den Pyramidenzellen aus. Solche zu subkortikalen Zielen stammen meist von Pyramidenzellen der Lamina V, jene zu kortikalen Zielen stammen von Pyramidenzellen der Lamina III.

Abk.:
sub-Cx: subkortikale Ziele;
Cx: kortikale Zielgebiete.
St: Körner-/ Sternzelle,
K: Korbzelle,
C, kontralateraler Kortex,
T, Thalamus.

5. Funktionelle Organisation des Kortex

Die topographisch-anatomische Gliederung kann durch eine funktionelle Gliederung erweitert werden.

Der Frontallappen wird in 4 (funktionelle) Regionen unterteilt.

Tabelle 15-2
  1. Der primär-motorische Kortex (Brodman Area 4) liegt direkt vor dem Sulcus centralis. Er besteht aus dem Gyrus praecentralis und greift auf die Medialfläche über. Er enthält (fast) keine Körnerzellen aber viele sehr große Pyramidenzellen (Betz-Zellen), Ursprungszellen der absteigenden pyramidal-motorischen Fasern. Die somatotope Gliederung entspricht in ihrer Ausdehnung der biologischen Wichtigkeit der repräsentierten Körpergebiete. (Exekution der Handlung)

  2. Die prä-motorische Region (Brodman Area 6 und 8) liegt vor dem Gyrus praecentralis. Wie Area 4 ist diese Region agranulär, besitzt aber wenig Betz-Zellen. Weil man nach elektrischer Stimulation Bewegungen auslösen kann, also funktionell mit dem Motorischen System korreliert ist, wird sie auch als "supplementär motorische Area", SMA, bezeichnet. Die Region in der (nach elektrischer Stimulation) Augenbewegungen ausgelöst werden, wird als frontales Augenfeld bezeichnet. Es liegt am Vorderrand der prä-motorischen Region (ventraler und caudaler Teil der Area 8) und ist für die willkürlichen Blickbewegungen verantwortlich. (Strategie, Planung und Koordinierung der Handlung)

  3. Im unteren Frontalgyrus (Pars opercularis und triangularis) der sprachdominanten Hemisphäre) liegt die Broca-Region. Sie ist für motorische Aspekte der Sprachproduktion wichtig.

  4. Der prä-frontale Kortex besteht hauptsächlich aus dem Rest des Frontallappens. Er hat funktionell mit Persönlichkeitsstruktur, Selbsterfahrung, Selbstbewußtsein und planendem Handeln zu tun. (Wille zur Handlung)

Der Lobus parietalis besitzt ebenfalls mehrere funktionell charakterisierte Regionen:

Tabelle 15-3
  1. Der primär-sensorische Kortex (G. postcentralis) ist mit der direkten kortikalen Verarbeitung der Oberflächensensibilität der Haut und der Tiefensensibilität der Gliedmaßen beauftragt.

  2. Ein großer Teil des Lobulus parietalis inferior (gewöhnlich der linken Hemisphäre dient zusammen mit angrenzenden Abschnitten des Lobus temporalis der Sprachfunktion.

  3. Der Rest des Cortex parietalis dient komplexen Aspekten der Orientierung des Individuums in Raum und Zeit.

Im Lobus temporalis finden sich Regionen, die mit folgenden 4 Funktionen betraut sind:

Tabelle 15-4
  1. Eine kleine Region in der oberen Temporalwindung repräsentiert die primäre Hörrinde.
  2. Ein Hirnareal im hinteren Abschnitt der oberen Temporalwindung (der dominanten Hemisphäre) beherbergt das sensorische Sprachzentrum.
  3. Der Gyrus parahippocampalis und der Hippocampus dienen als Teil des Limbischen Systems der Emotionalität und viszeralen Prozessen.
  4. Der Temporallappen ist ebenso in komplexe Aspekte von Lernen und Gedächtnis eingebunden.

Der Lobus occipitalis enthält das primäre Sehzentrum sowie die sekundären Sehzentren und die für die reflektorischen (unwillkürlichen) Blickbewegungen verantwortlichen Hirnrindenfelder.

Abb. 15-4: Darstellung der wichtigsten Rindenfelder des Großhirns

Frontallappen: 1. primär-motorischer Kortex, 1a. motorische Mundrepräsentation, 2. prä-motorische Region, 3. motorische Sprachregion (Broca-Zentrum), 4. frontales Augenfeld, 5. sog. Schreibzentrum, 6. prä-frontaler Kortex, 7. Geschmacksregion,

Lobus parietalis: 8. primär-sensorischer Kortex, 9. sensible Mundrepräsentation, 9a. primäre Geschmacksregion, Lobus temporalis: 10. primäres Hörzentrum, 11. sekundäres Hörzentrum, 12. sensorisches Sprachzentrum (Wernicke-Zentrum),

Lobus occipitalis: 13, primäres Sehzentrum, 14a,b, sekundäres und tertiäres Sehzentrum.

Legende

Die unterbrochenen Linien kennzeichnen Felder, die nur auf der dominanten Hemisphäre zu finden sind.

6. Hierarchische Organisation des Kortex

Struktur- und Funktionsmerkmale des Neocortex sind wahrscheinlich recht einheitlich. Man kann davon ausgehen, daß die spezifischen Funktionsmerkmale erst durch die spezifischen afferenten und efferenten Verbindungen zustande kommen. Erregungen aus einem bestimmten Bereich der Sinnesperipherie werden über die thalamischen Relaiskerne in sog. primäre sensorische Kortexareale projiziert. Von dort werden Erregungen auf Nachbarfelder weitergeleitet, die für die Analyse und Extraktion bestimmter Merkmale dieser Information spezialisiert sind. Die Ergebnisse dieses Prozesses werden über kurze oder lange Assoziationsfasern an sog. sekundäre Areale verschaltet und dort zur Begriffsbildung, Bewertung oder Handlungsanweisung verwendet. In einer weiteren Verarbeitungsstufe werden schließlich motivationale und lernbezogene Aspekte sowie motorische Programme angeregt. Eine schematische Zusammenfassung der wichtigsten seriellen Verbindungen zwischen primären, sekundären und tertiären Arealen gibt folgende Tabelle:

Tabelle 15-5: Beziehungen zwischen wichtigen primären (I°), sekundären (II°), und tertiären (III°) Kortexarealen
    II° motorisches Areal:

Prämotorische Region

  III° motorisches Areal:

Präfrontale Region

   
             
Sehzentrum   II° visuelles Areal A

(18,19)

  II° visuelles Areal B

(20,21,37)

  III° sensorisches Areal

(38,39,40)

             
        entorhinaler Kortex    
             
    II° motorisches Areal A:

Prämotorische Region

  III° motorisches Areal B:

Präfrontale Region

   
             
Hörzentrum   II° auditorisches Areal

(42)

  II° auditorisches Areal

(22)

  III° sensorisches Areal

(38,39,40)

             
        entorhinaler Kortex    
             
    II° motorisches Areal:

Prämotorische Region

  III° motorisches Areal:

Präfrontale Region

   
             
"Fühlzentrum"   II° somato-sensible Region A (5)   II° somato-sensible Region B (7)   III° sensorisches Areal

(38,39,40)

             
        entorhinaler Kortex    
             

Die Ziffern in Klammer beziehen sich auf die Kortexareale nach Brodmann.

7. Angewandte Anatomie

7.1 Zerebrale (funktionelle) Lokalisation

Der Begriff "zerebrale Lokalisation" bezieht sich auf die Tatsache, daß unterschiedliche Teile des Gehirns (Cerebrum) eine unterschiedlich wichtige Rolle bei Körperfunktion, Verhaltensvorgängen und mentalen Prozessen spielen (siehe oben), und daß umgekehrt die Störung von Hirngewebe in bestimmten Abschnitten des Gehirns zu typischen Krankheitsbildern führt. Die Konzeption zerebraler Lokalisation (die dynamische Wirkungsbeziehungen nicht ausschließt) basiert auf einer sehr langen Geschichte philosophischer Projektion, klinischer Beobachtung und experimenteller Untersuchung.

Eine wissenschaftliche Bearbeitung der Frage nach der Bedeutung von Hirnarealen erfolgte erst seit Ende des vergangenen Jahrhunderts. Sie stützte sich auf vergleichende Studien, auf mikroskopische Untersuchungen der Erscheinung von Nervenzellen und Fasern (Architektonik) sowie auf physiologische Experimente und klinische Erfahrungen. Histologen, Physiologen und Kliniker arbeiteten Hand in Hand an der Lösung des Problems zentraler Repräsentation von Wahrnehmung, Handeln, Emotionalität, Denken und Bewußtsein. Damit war auch ein Bewertungsmaßstab von Funktionsausfällen und folglich die Voraussetzung operativer Eingriffe und gezielter Rehabilitation erreicht. Neue Techniken haben das Wissen um physiologische und psychische Prozesse erweitert und dadurch hervorragende Möglichkeiten in der klinischen Diagnostik sowie für therapeutische und präventive Maßnahmen geschaffen.

Abb. 15-5 bis 15-7: Vorstellung des Hirns in verschiedenen Epochen

Legende

Abb. 15-5:
Sitz der Seele sowie sinnliche und motorische Leistungen waren nach den spekulativen Vorstellung der Antike und des Mittelalters im Ventrikelsystem des Gehirns lokalisiert. Die aus den Sinnesempfindungen (sensus communis) und aus der Vorstellungskraft (fantasia) in den Seitenventrikeln (der ersten Zelle) geschaffenen Bilder sollten in der zweiten Zelle durch Einbildungskraft (imaginativa) sowie durch vernünftiges Denken (kogitativa seu estimativa) verarbeitet und zu vorausschauendem Handeln genutzt werden. Was übrig blieb, soll in der dritten Zelle im Gedächtnis (vis memorativa) gespeichert werden.

Abb. 15-6:
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts blieb der auffallenste und vom funktionellen Standpunkt wichtigste Teil des menschlichen Gehirns, der Hirnmantel, weitgehend unbeachtet. Seine Bedeutung und die Beziehung zu höheren Hirnfunktionen wurde - zunächst spekulativ- von F. Gall erkannt. Er fasste das Gehirn als ein komplexes Mosaik aus mentalen Organen auf, von denen jedes geistige Funktionen besitzt, die anatomisch im Kortex zu lokalisieren sind. Beeinflußt von den Lehren Gall's und den klinischen Befunden von Broca wurde die Suche nach hirnanatomischen Strukturen als Trägern von Hirnfunktion intensiviert. Diesen Untersuchungen lag meist die Beobachtung von Nervenzellveränderungen und Faserstrecken nach Hirntrauma und am Autopsiegehirn zugrunde. Nach der Phase einer nicht empirisch entwickelten Vorstellung (siehe Abb. 15-4) und der wissenschaftlichen Untersuchung am Sektionsgut (siehe Abb. 15-5) ermöglichten moderne bildgebende Verfahren einen zerstörungsfreien Einblick in das lebendige menschliche Gehirn. Um sich innerhalb der komplexen Strukturen des Gehirns zu orientieren, sind äußere und innere Markierungspunkte notwendig. Zweidimensionale Koordinatennetze der Tomogramme bilden die Grundlage für die dreidimensionale computergestützte Bearbeitung der Bilddaten.

Abb. 15-7:
ICL: Intercommissurenlinie;
VCA, VCP: Senkrechte in der vorderen/hinteren Kommissur.

Zu den neueren Methoden topistischer Hirnuntersuchung gehören insbesondere die bildgebenden Verfahren. Als Resultat moderner elektronischer Datenverarbeitungsstrategien wurden computergestützte bildgebende Systeme entwickelt, die die Darstellung ganzer Organe und deren Strukturen in anatomisch gerechten Positionen ohne blutige Eingriffe in den Organismus ermöglichen. Als erstes computergestütztes, bilddatenrekonstruierendes Verfahren erschien die (Röntgen-) Computertomographie (CT), mit der zum ersten Mal der menschliche Körper in optische Scheiben zerlegt werden konnte, in denen die Organe in einer sonst nur bei Obduktionen erkennbaren Klarheit dargestellt sind.

Im Gegensatz zur CT, wo das Meßsignal (direkt) aus der extern applizierten Strahlung resultiert, entstehen die Signale bei der Kernspintomographie (KST, MRT für Magnetresonanztomographie) aus dem Gewebe selbst. Diese Signale hängen hochgradig von den (maschinellen und) gewebespezifischen Gegebenheiten (T1, T2, Protonendichte) ab. Damit ist die Bilddateninformation multivariant, und es hängt sehr von der Fachkenntnis des Untersuchers ab, wie gezielt und effizient diese Methode eingesetzt wird. Bei entsprechender Anwendung dieser (nach heutiger Kenntnis für die Gesundheit des Menschen unproblematischen) Methode wird eine Auflösung erreicht, die knapp über der Ebene der mikroskopischen Darstellung liegt. Aufgrund der hohen Auflösung, der freien Wahlmöglichkeiten der "Schnittebene" und zusätzlichen biochemischen und dynamischen Informationen erschließen sich völlig neue Aspekte der Untersuchung von Hirnfunktionen.

7.2 Funktionsstörungen des Kortex

Die wichtigsten Ursachen für Funktionsstörungen sind degenerative Prozesse (Altersveränderungen) und Folgen destruierender Ereignisse (hämorragischer oder ischämischer Hirninfarkt, siehe Kap. 22 oder Gewalteinwirkung).

8. Zusammenfassung

Der Cortex cerebri bildet das oberflächlich gelegene plattenförmige Grau der Hemisphären.

Auf Grund zytologischer, myeloarchitektonischer und chemischer Unterschiede werden verschiedene Felder unterschieden.

Spezifische Kortexfelder dienen entweder der direkten sensiblen/sensorischen Verarbeitung von Sinnesmodalitäten ("spezifischen" Funktionen) oder als Ursprungsorte motorischer Bahnen. Unspezifische oder Assoziationsfelder sind die Teile des Kortex, die höheren integrierenden oder symbolischen Funktionen dienen.

Die Bahnverbindungen des Kortex umfassen intrakortikale Fasern (Assoziations- und Kommissurenfasern) sowie Projektionsfasern (afferente und efferente Bahnen, die die Großhirnrinde mit subkortikalen Hirnabschnitten verbinden).