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20 Sehorgan

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1. Aufbau des Sehorgans

Der Augapfel hat die Form einer deformierbaren Kugel mit einem Durchmesser von ca. 25 mm. Seine Hülle besteht aus drei Schichten (Augenhäuten), die einen Kern aus transparenter Substanz (Kammerwasser, Linse und Glaskörper) umfassen. Die 3 Hüllen ergänzen sich in ihrer Funktion, sind aber hinsichtlich ihrer Enstehung, ihres Aufbaus und ihrer Aufgabe grundverschieden.

Tabelle 20-1: Bestandteile des Augapfels.
    äußere Augenhaut, Tunica externa, T. fibrosa
  3 Hüllen mittlere Augenhaut, Tunica media, T. vasculosa (Uvea)
Augapfel (Bulbus oculi)   innere Augenhaut, Tunica interna, T. nervosa
  3 Innenräume Augenkammern, Linse, Glaskörper

1.1 Äußere Augenhaut, (Tunica externa, T. fibrosa bulbi)

Die äußere Schicht umfasst einerseits die Lederhaut (Sklera), die als faserige, feste und undurchsichtige Hülle dem Weiß des Auges entspricht und wie ein bindegewebiges Skelett die äußere Form des Augapfels sichert; andererseits bildet sie mit der Hornhaut (Cornea) ein durchsichtiges, gewölbtes Fenster für den Eintritt der Lichtstrahlen.

1.2 Mittlere Augenhaut, (Tunica media, T. vasculosa bulbi, Uvea)

Die mittlere Augenhaut stellt das gefäßreiche, ernährende Gewebe und wird daher als Gefäßhaut (Uvea) bezeichnet. Sie besteht aus drei Abschnitten, der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Ziliarkörper, Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris).

1.3 Innere Augenhaut (Tunica interna, Tunica nervosa bulbi)

Die innere Augenhaut besteht aus 2 Lamellen (Pigmentepithel und Netzhaut), die sich aus dem ZNS ableiten (s.u.).

Abb. 20-1: Horizonzalschnitt durch beide Augenhöhlen
Legende

Links sind einige Ebenen und Achsen des Sehorgans schematisch dargestellt, rechts finden sich Strukturen des Augapfels.
b, Ausschnitt im Bereich des Ziliarkörpers.

c, Histologischer Aufbau der Retina. Die Retina wird durch 5 neuronale Zellklassen aufgebaut. Diese sind vertikal (radiär) und horizontal organisiert. Radial sind 3 Neuronenreihen mittels zweier Synapsenzonen verknüpft.

a. Das Pigmentepithel (PE), zwischen dem versorgenden Kapillarnetz der Lamina chorio-capillaris und den Sinneszellen. Es setzt sich nach vorne bis zur Iris fort. Es besitzt große Bedeutung für die Stoffwechselvorgänge der Sinneszellen, da letztere keine eigene Gefäßversorgung besitzen. Das Pigmentepithel absorbiert darüber hinaus passiv alle einfallenden Lichtstrahlen, die das auf die Netzhaut gelangende Bild verzerren könnten und dient als Vitamin-A-Speicher.

b. Die Retina (die Netzhaut im engeren Sinn) wird von der Pars nervosa retinae gebildet. Sie erstreckt sich bis zur Ora serrata. Als lichtreizaufnehmender und weiterleitender Teil bildet sie den Transformationsapparat mit Rezeptorzellen, Schalt- und Leitungsapparat.

2. Retina

2.1. Entwicklung der Retina:

Die Retina ist entwicklungsgeschichtlich ein Hirnteil. Daraus erklärt sich, dass sich Netzhaut und Sehnerv sich nicht an Erkrankungen der peripheren Nerven beteiligen, sondern an denen des nervösen Zentralorgans.

2.2 Aufbau der Retina:

Der Aufbau der Retina wird durch 3 radiär (tandemartig) angeordnete neuronale Zellklassen bestimmt (Abb. 20-1). Diese sind sind durch zwei Synapsenzonen miteinander verknüpft. Peripher liegen die Photorezeptoren, in der Mitte die Bipolarzellen, zentral folgen die großen multipolaren Ganglienzellen. Ihre ableitenden Axone treten in die sog. Nervenfaserschicht ein und sammeln sich im Fc. opticus (Abb. 20-1). Zu diesen tandemartig verschalteten Elementen treten horizontal organisierte Assoziationszellen, die Horizontal-Zellen und amakrinen Zellen (Amakrine, Abb. 20-1). Als Stützzellen dienen (zentrale) Gliazellen.

Photorezeptoren sind Lichtsinneszellen, die mit ihren lichtempfindlichen Fortsätzen (Außenglieder) zur Peripherie hin gerichtet sind (Abb. 20-1). Ihre zum Augeninneren gewandten Fortsätze (Innenglieder) stellen die Verbindung mit den Bipolarzellen her (Synapsenzone). Aufgrund der Form ihrer Außenglieder werden zwei Photorezeptortypen unterschieden: Die Stäbchen besitzen lange, schlanke Außenglieder und die Zellkerne liegen in Distanz zu den Außengliedern. Die Außenglieder der Zapfen erscheinen kurz und gedrungen. Die Außenglieder sind mit Membranscheiben angefüllt. Diese dienen als Träger der lichtempfindlichen Pigmente. Die Absorption von Licht leitet eine photochemische Reaktionskette ein, die schließlich zur Entstehung elektrischer Signale in den Ganglienzellen führt (Transduktion). Zapfen und Stäbchen werden in ähnlicher Weise erregt, allerdings sind die Sehpigmente und damit ihre Erregungscharakteristik unterschiedlich.


Abb. 20-3: Morphologie der Photorezeptoren

Die Innenglieder der Photorezeptoren bilden in der äußeren Synapsenzone mit den Dendriten der Bipolarzellen Synapsen. Diese vermitteln die Potentialänderungen (keine Aktionspotentiale !) über ihre zentral orientierten Axone an die Ganglienzellen. Die Zahl der Ganglienzellen beträgt in jedem Auge etwa eine Million. Ganglienzellen bilden keine einheitliche Klasse. Sie unterscheiden sich morphologisch (Zellgröße, Größe des Dendritenfeldes, Lage und Häufigkeit innerhalb der Retina, Endigungsort ihrer Axone im Zentralorgan) und funktionell (Kontrast-, Bewegungs-, Richtungs- und Farbempfindlichkeit).

In beiden Synapsenzonen finden sich zusätzlich Kontakte mit zwei Typen von Assoziationszellen (Interneurone). Horizontalzellen liegen in der äußeren, amakrine Zellen in der inneren plexiformen Schicht. Beide Zelltypen besitzen kein normales Axon; ihre Fortsätze scheinen daher sowohl als Axon als auch als Dendriten zu dienen. Sie sind horizontal, d.h. quer zur Erregungsleitung orientiert und tragen zur Kontrastbildung bei.

2.3 Besonderheiten hinsichtlich der neuronalen Organisation der Retina

Der oben geschilderte Aufbau ist an drei Stellen modifiziert:

  • Papilla nervi optici
  • Fovea centralis
  • Ora serrata.
Abb. 20-4:

2.4 Verteilung der Lichtsinnes- und Ganglienzellen

2.5 Struktur- Funktionsbeziehung der Photorezeptorzellen

Bei gleicher Funktion der Membranspezialisierung der Außenglieder von Stäbchen und Zapfen sind die Qualitäten der Sinneswahrnehmung unterschiedlich; denn beide Klassen von Photorezeptorzellen verarbeiten visuelle Information bei unterschiedlichen Beleuchtungsintensitäten. Zapfen erkennen Formen und Farben und dienen dem Tages-sehen, während Stäbchen Helligkeitsunterschiede erkennen, und dem Dämmerungssehen dienen.

3. Transduktionsmechanismus

(siehe Samandari/Mai p. 979 ff.)

4. Sehbahn

4.1 Extrazerebraler Teil der Sehbahn: Fc. opticus, Chiasma opticum und Tr. opticus

Die Axone der multipolaren Ganglienzellen verlassen die Retina über die Papilla nervi optici und bilden den Fc. opticus. Er tritt durch den Canalis opticus in die Schädelhöhle und trifft sich in der Gegend der Sella turcica mit seinem Gegenstück zur Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum). Dort erfahren 50% der Fasern des Sehnerven eine Kreuzung und zwar so, daß die aus beiden nasalen Netzhauthälften stammenden Faserabschnitte kreuzen, während die temporal entsprungenen ungekreuzt verlaufen. Vom Chiasma opticum verlaufen die Axone (nun als Tr. opticus bezeichnet) makroskopisch gut sichtbar an der Außenseite des Tuber cinereum vorbei über die seitliche Oberfläche der Hirnschenkel. Alle Fasern, die im Dienst der Sehwahrnehmung stehen, enden im seitlichen Kniehöcker (Corpus geniculatum laterale). Der Impulsstrom aus der Retina gelangt also ohne Unterbrechung in das Corpus geniculatum laterale. Von dort erreicht das 4. Neuron innerhalb der Sehstrahlung die Sehrinde. (Die Fasern, die für die Auslösung visueller Reflexe verantwortlich sind, enden (hauptsächlich) im Colliculus superior und der Area praetecti (s.u.).

4.2 Intrazerebraler Teil der Sehbahn: Corpus geniculatum laterale, Sehstrahlung und Area striata

Als Sehstrahlung wird die Verbindung zwischen Corpus geniculatum laterale und dem Sehzentrum im Hinterhauptslappen bezeichnet (Abb. 20-6). Das Corpus geniculatum laterale besteht aus 6 Zellschichten. Jede Schicht erhält Eingang nur von einem Auge, ist also entweder "linksäugig" oder "rechtsäugig". Die Schichten sind so gestapelt, daß die Fasern aus der kontralateralen nasalen Retina und aus der ipsilateralen temporalen Retina in abwechselnden Schichten (6,4,1 bzw. 5, 3 2) enden. Eine Gesichtsfeldhälfte wird in jeder Schicht komplett abgebildet und so exakt repräsentiert, daß die Bildpunkte genau übereinander liegen.

Die Zellen des Corpus geniculatum laterale senden ihre Axone über den hinteren Abschnitt der Capsula interna fächerförmig ausstrahlend zur Okzipitalrinde. Dabei überqueren sie das Unterhorn des Seitenventrikels, das sie als dünnes, senkrecht gestelltes Band (Tapetum) begrenzen. In der primären Sehrinde fächern sich die Fasern wieder in geordneter Weise auf und halten die präzise Abbildung aufrecht, die zuvor im Sehnerv und im Kniehöcker bestand.

Abb. 20-5: Schematische Darstellung des Verlaufs der Sehbahn mit zugehörigen Gesichtsfeldern
Legende

a, Blick von basal,

b, Seitenansicht.

1, Blickfeld (hier für jedes Auge getrennt gezeichnet),
2, Fc. opticus,
3, Chiasma opticum,
4, Corpus geniculatum laterale,
5, Sehstrahlung.
6, Sehzentrum,
7, Fissura calcarina,
8, Ventrikel.

5. Reflexbahnen

Die reflexmotorischen Fasern verlassen die Sehbahn kurz vor Eintritt in das Corpus geniculatum laterale und enden in den visuellen Reflexzentren (Colliculus superior und Area pretecti), die ihrerseits Verbindung zu motorischen Kernen haben.

Dazu gehören:

  • Licht- / Pupillenreflex (=Regulation der Pupillenweite)
  • (Kon-)Vergenzbewegungen - Akkommodationsreflex
  • Blick- / Augenfolgebewegungen
  • Saccade
  • vestibulo - okuläre Augenbewegungen (akzessorisch-optisches System)

Der reflektorischen Kontrolle der Augenstellung dienen

  • Vestibularapparat,
  • Propriorezeptoren und
  • optisches System gemeinsam.

5.1 Pupillenreflex [1]

Abb. 20-7: Pupillenreflex. Parasympathische Kontrolle der Pupille
Legende

Abb. 20-7:
Die Erweiterung der Pupille geschieht durch den M. dilatator pupillae, der vom Sympathikus innerviert wird.

1. Neuron: GZ zum Colliculus superior (1).

2. Neuron: Vom Colliculus superior über Tr. tectospinalis zum ipsi- und kontralateralen Centrum ciliospinale (2).

3. Neuron: präganglionäre sympathischen Fasern zum Ggl. cervicale superius (3);

4. Neuron: postganglionäre Fasern verlaufen mit dem Plexus caroticus in die Orbita und als Nn. ciliares longi zum M. dilatator pupillae (4).

Abb. 20-7b:
Belichtung eines Auges à Verengung beider Pupillen. Diese Verengung erfolgt reflektorisch und wird über die parasympathische Innervation des M. sphincter pupillae vermittelt.

Abb. 20-8:
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5.2 Konvergenzreaktion [2]

Abb. 20-10:
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Belichtung eines Auges - Verengung beider Pupillen. Diese Verengung erfolgt reflektorisch und wird über die parasympathische Innervation des M. sphincter pupillae vermittelt.

Die Konvergenzreaktion umfasst drei Komponenten (Konvergenztrias):

1. Konvergenz der Sehachsen zur Fixierung von nahegelegenen Objekten (Innervation des M. rectus med.)
2. Nahakkommodation (Kontraktion des M. ciliaris)
3. Erhöhung der Tiefenschärfe (Kontraktion des M. sphincter pupillae).

Abb. 20-11:
Legende

Belichtung eines Auges à Verengung beider Pupillen. Diese Verengung erfolgt reflektorisch und wird über die parasympathische Innervation des M. sphincter pupillae vermittelt.

Willkürliche und reflektorische Innervation der Augenmuskeln

Blick-/ Augenfolgebewegungen: Das Folgesystem arbeitet unwillkürlich und führt die Augen konjugiert und langsam einem bewegten Ziel zu.

Saccade: schnelle, ruckartige, ballistische, konjugierte Bewegungen dienen dazu, Objekte foveal einzustellen (spontan, reflektorisch, willkürlich).

Kontrolle durch 3 Hirnregionen:

  • Colliculus sup.
  • Formatio reticularis des MH (PPRP): vertikale Saccaden
  • Formatio reticularis der Pons (PPRP): horizontale Saccaden

Nystagmus Hierunter versteht man reflektorisch ausgelöste beidseitige (konjugierte) Augenbewegungen mit typischem Wechsel von langsamen und schnellen Phasen (sog. Augenzittern). Die langsame Phase ermöglicht optische Fixation bei Eigen- und Umweltbewegung und gewährleistet dadurch die Kontinuität der visuellen Wahrnehmung. Die schnelle Komponente entspricht der Rückführbewegung (Sakkade) wenn das fixierte Objekt aus dem Fixationsbereich (Fovea) abdriftet. Auslöser für die Augenbewegungen sind optokinetische und vestibuläre Reize, daher werden optokinetischer und vestibulärer Nystagmus unterschieden. Spontanes Auftreten von Nystagmus weist stets auf eine Erkrankung des Vestibularapparats hin. Vestibuläre Reflexe: Der reflektorischen Kontrolle der Augenstellung dienen

  • Vestibularapparat,
  • Propriorezeptoren und
  • optisches

6. Das unspezifische optische System

Das Auge dient nicht nur dem Wahrnehmungsprozeß. Es vermittelt auch nicht-optische Vorgänge, die primär nicht dem Sehvorgang und seiner Reflexmotorik dienen. Sie betreffen vegetative, verhaltensorientierte und psychische Vorgänge. Die unspezifischen retinalen Fasern trennen sich an unterschiedlichen Stellen von der Sehbahn und erreichen Zielgebiete im Hypothalamus (Ncl. suprachiasmaticus), Thalamus und im Mittelhirn. Die wichtigste Komponente betrifft die direkte Verbindung zwischen Retina und Hypothalamus (Tr. retino-hypothalamicus) und dient der Anpassung der "Laufeigenschaft" der inneren Uhr an die physikalische Dimension der Umwelt (siehe Kap.12 Hypothalamus).

7. Innenräume und Medien des Augapfels

Die Innenräume umfassen 1. die Augenkammern, 2. die Augenlinse und 3. den Glaskörper.

Optische Eigenschaften: Der dioptische Apparat des Auges besitzt eine Gesamtbrechkraft von 58 Dioptrien (Linse: 15, Hornhaut: 43). Bei Normalsichigkeit (Emmetropie) stehen Achsenlänge und Brechkraft im richtigen Verhältnis. Abweichungen hiervon sind die Kurzsichtigkeit (Myopie) und die Weitsichtigkeit (Hyperopie). Eine weitere Ursache der Fehlsichtigkeit beruht auf Trübungen der optischen Medien (Hornhaut, Linse).

Trennkraft des Auges: Wir sind in der Lage, zwei Punkte zu diskriminieren, die von zwei Zapfen im Bereich der Macula wahrgenommen werden.

8. Adnexe

8.1 Äußere Augenmuskeln und ihre Kontrolle

8.2 Gefäße des Auges

8.3 Schutzorgane des Auges: Tränenapparat, Augenlider

9. Angewandte Anatomie

9.1 Untersuchung des Sehvermögens


Sehschärfe

Gesichtsfelduntersuchung

Ausfälle im Gesichtsfeld deuten auf eine Sehbahnläsion hin. Schädigungen der Sehbahn führen zu unterschiedlichen Ausfällen des Gesichtsfeldes (siehe: Sehstörungen). ophthalmoskopischen Untersuchung

Prüfung von Farbsinnstörungen

9.2 Sehstörungen

Vom anatomischen und funktionellen Standpunkt können Sehstörungen in mehrere Gruppen eingeteilt werden.

1. Störungen der Brechkraft des Auges (Refraktionsstörungen). Diese Störungen lassen sich in der Regel durch geeignete optische Hilfsmittel (Brille) beheben.

2. Trübungen der durchsichtigen Teile des Auges (Transmissionsstörungen).

3. Veränderungen der Netzhaut oder Unterbrechungen im Verlauf der Sehbahn (Perzeptionsstörungen). Sie verhindern eine normale Wahrnehmung von eintreffendem Licht und Sinneseindrücken. Wegen der präzisen topographischen Beziehung zwischen Gesichtsfeld und visueller Projektion einerseits und der klinischen Bedeutung andererseits, soll hier auf die Läsionen innerhalb der Sehbahn eingegangen werden.

Läsionen innerhalb der Sehbahn führen zu vorhersagbaren charakteristischen Defekten des Sehens oder der Sehwahrnehmung. Diese Veränderungen können am besten verstanden werden, wenn man sich die Organisation des Blickfeldes auf die Retina ansieht (Abb. 20-5). Unter Gesichtsfeld versteht man den Teil, der visuellen Umwelt, der mit den Augen wahrgenommen wird, ohne den Kopf zu bewegen. Das Konzept des Blickfeldes ist in der Klinik wichtig, denn Läsionen des visuellen Systems werden am besten in Form von Lücken beschrieben, die im Bereich des Sehfeldes als Folge einer derartigen Läsion entstehen.

Die Beziehung zwischen Blickfeld und Retina ist in der folgenden Abbildung dargestellt (Abb. 20-12).

Abb.: 20-12: Schematische Darstellung der Sehbahn mit Schädigungsorten an verschiedenen Punkten und entsprechenden Gesichtsfeldausfällen.
Sitz der Schädigung Sehwahrnehmung
1. Fc. opticus (rechts) völlige Erblindung des rechten Auges
2. Chiasma opticum Bitemporale (heteronyme) Hemianopsie
3. Tractus opticus (rechts) Bilaterale homonyme Hemianopsie (links)
4. oberer Teil der Sehstrahlung (rechts) Homonyme Hemianopsie (Quadrantenanopsie unten links)
5. unterer Teil der Sehstrahlung (rechts) Homonyme Hemianopsie (Quadrantenanopsie oben links)
Legende

Die Regionen der Retina werden im Hinblick auf die Mittellinie, die senkrecht durch die Fovea führt, beschrieben: das nasale halbe Blickfeld (Hemiretina) liegt medial der Fovia; die temporale Hemiretina liegt seitlich davon. Jede Hälfte der Retina kann wiederum in einen dorsalen und in einen ventralen Quadranten unterteilt werden. In diesem Schema werden vereinfachend nur die Projektion der monoculären Abschnitte in jedem halben Blickfeld auf das Gehirn berücksichtigt (nicht die sog. makulären Projektionen).Beachten Sie, daß es einen Blickfeldbereich gibt, der nur von einem Auge wahrgenommen wird (temporaler Halbmond). Da es hier keinen binokulären Überlappungsbereich gibt, wird dieser temporale Halbmond bei einer entsprechenden Schädigung komplett zerstört.

Abb. 20-13:
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Schielen (Strabismus)

Augenmuskellähmungen

Störungen der Pupillenmotorik

10. Zusammenfassung

Alle peripher gelegenen Zellen der Sehbahn (Rezeptor-, Bipolar- und Horizontalzellen) vermitteln ihre Information ohne Aktionspotential.

Erregung wird durch die Rezeptorzellen hauptsächlich durch hyperpolarisierende Antworten kodiert.

Die Axone der multipolaren Ganglienzellen kreuzen zu 50% im Chiasma opticum und verlaufen ohne Unterbrechung zum Corpus geniculatum laterale. Dort werden die Axone in zweifacher Hinsicht sortiert:
(1) rechtes oder linkes Auge und
(2) Bewegungssehen oder Farbensehen (M- und P-System)

Vom Corpus geniculatum laterale erreicht das 4. Neuron innerhalb der Sehstrahlung die Sehrinde (= Sehstrahlung). Während des gesamten Verlaufs der Sehfasern halten diese eine präzise visuotope Ordnung bei.

In allen Abschnitten des visuellen Systems (Retina, Cp. geniculatum laterale, primär visueller Cortex (und Colliculus sup.) findet sich eine alternierende Gliederung in Form eines Schichtungs- oder Streifenmusters.

Reflexbahnen vermitteln u.a. den Pupillenreflex, die Konvergenzreaktion und Blickfeldstabilisierungsreaktionen.

Neben den Fasern, die der Psychophysik des Sehvorgangs und seiner Reflexmotorik dienen, gibt es solche, die vegetative, verhaltensorientierte und psychische Vorgänge betreffen. Sie werden über die sog. unspezifischen retinalen Fasern vermittelt.

Die Innenräume und Medien des Augapfels umfassen 1. die Augenkammern, 2. die Augenlinse und 3. den Glaskörper.

Die nervöse Versorgung der äußeren Augenmuskeln erfolgt über die CN III,IV,VI; die der inneren Augenmuskeln über den Sympathicus und Parasympathicus. Die sensible Innervation von Cornea, Conjunctiva und Augenlid erfolgt über den CN V,1.

Die arterielle Versorgung des Auges wird von der A. ophthalmica übernommen. Der venöse Abfluß erfolgt über die 4 Wirbelvenen.

Zu den Adnexen gehören die extraokulären Muskeln, der intrabulbäre Fettkörper, Faszien und Schutzorgane (Augenbrauen, Augenlider, Tränenapparat, und Bindehaut).

Läsionen innerhalb der Sehbahn führen zu vorhersagbaren charakteristischen Defekten des Sehens oder der Sehwahrnehmung.

Fußnoten

[1] Der Pupillenreflex (Lichtreflex) regelt die Lichtmenge die die Retina erreicht (vergleichbar mit der Blende einer Kamera). Die Pupillenbreite wird über zwei gegensinnig wirkenden Muskeln gesteuert: Der parasympathisch innervierte M. sphincter pupillae und der sympathisch (b-Rezeptoren) innervierte M. dilatator pupillae. Die Lichtintensität (Reiz) wird in der Retina (Rezeptoren) wahrgenommen, die Afferenzen führen im N. opticus. Kollateralfasern führen zur Area praetectalis und weiter zum Edinger-Westphal-Kern (Nucleus accessorius n. oculomotorius), wo sie auf die parasympathischen präganglionären Neurone umgeschaltet werden, deren Axone im N. oculomotorius zum Ganglion ciliare laufen. Hier werden sie auf die postganglionären Neurone umgeschaltet, die den M. sphincter pupillae innervieren. Lichtinformation erreicht auch präganglionäre Sympathicusneurone im T1 über unbekannte Verbindungen. Die Umschaltung erfolgt im Ganglion cervicale superius, die postganglionären Fasern erreichen den M. dilatator pupillae über den Ganglion ciliare. Einer Erhöhung der Lichtintensität führt also zur Kontraktion des Sphinkters (Miosis, Aktivierung des parasympathischen Schenkels) und Hemmung des Dilatators (Hemmung des sympathischen Schenkels) (bei Erniedrigung der Lichtintensität umgekehrt, Pupillendilatation, Mydriasis). Im vorliegenden Fall fällt dieser Reflex weg, so daß grelles Licht blendet.

Eine weitere Konsquenz des Verlusts des parasympathischen Tonus zum M. sphincter pupillae könnte eine Verminderung des sog. Filtrationswinkels (der Winkel zwischen der inneren Seite der Hornhaut und der vordere Seite der Iris) und somit Obstruktion des Schlemmschen Kanals (Sinus venosus sclerae), durch den das Kammerwasser normalerweise abläuft. Ein Anstieg des intraokularen Druckes wäre die Folge (Glaukom). Unter normalen Bedingungen sorgen die ständigen Bewegungen des Ciliarkörpers und der Iris für einen adäquaten Ablauf.

http://www.lrz-muenchen.de/~jmd/seminar_woche_7.htm


[2] Akkommodation: die funktionelle Anpassung eines Organs oder eines Organismus an die jeweilige Aufgabe.

Akkommodation des Auges: Anpassung an das Sehen in die Ferne und die Nähe durch Änderungen der Linsenwölbung (und des Linsenbrechwertes).

Der Akkomodationsreflex dient dazu, einen fixierten Objekt im Raum durch entsprechende Veränderungen der Brechkraft des dioptrischen Apparats, d.h. durch Veränderungen der Linsenkrümmung, auf der Retina scharf abzubilden. In Ruhe ist der M. ciliaris entspannt, die Zonulafasern üben einen Zug auf die Linse aus, die deswegen abgeflacht ist. Beim eumetropen (normalsichtigen) Auge sind dadurch Objekte in der Ferne scharf abgebildet (fern-akkomodiert). Wird dann ein Objekt in der Nähe fixiert, wird dies zunächst auf der Retina unscharf abgebildet, da die Fokalebene dahinter liegt. Die optische Information verläßt die Netzhaut über den N. opticus, gelangt über das Corpus geniculatum laterale und die Sehstrahlung zur Sehrinde, wo die "Unschärfe" (als Reiz für den Reflex) festgestellt wird. Die weiteren Verschaltungen sind unbekannt, führen aber zur Area praetectalis zurück. Wie oben erfolgt die Umschaltung auf die parasympathischen präganlionären Neurone im Edinger-Westphal-Kern und auf die postganglionären Fasern im Ganglion ciliare. Diese Axone innervieren den M. ciliaris, der kontrahiert. Dadurch werden die Zonulafasern entspannt, die Krümmung der Linse nimmt zu, die Brechkraft steigt, so daß die Fokalebene nun auf der Retina liegt (nah-akkomodiert). Im vorliegendem Fall fällt dieser Reflex aus, das Auge bleibt fern-akkomodiert (weitsichtig oder hypermetrop). http://www.lrz-muenchen.de/~jmd/seminar_woche_7.htm