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12 Das Zwischenhirn (Diencephalon)

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A. Der Hypothalamus (mit Hypophyse)

Der Hypothalamus bildet einen zentralen Knotenpunkt für Nervenbahnen, die dem Selbsterhalt des Organismus dienen. Er beherrscht das vegetative System, steuert über seine Verbindungen zur Hypophyse das endokrine System und trägt über seine Beziehung zu den Basalganglien und zum Limbischen System zu verhaltensorientierten motorischen Leistungen bei. Schließlich beeinflußt er das Immunsystem.

A.1 Topographie und Gliederung des Hypothalamus

Der Hypothalamus nimmt die Basis des Zwischenhirns (ZH) ein und bildet dort dessen einzige freie Oberfläche. Dorsal grenzt er an den Thalamus, medial bildet er den unteren Teil der Seitenwand des dritten Ventrikels; seine rostro-kaudale Ausdehnung erstreckt sich von der Lamina terminalis bis zum Mittelhirn. Seitlich befindet sich der Subthalamus.

Abb. 12-1: Topographie des Hypothalamus
Legende

a, Sagittalschnitt durch das Gehirn mit Darstellung der Seitenfläche des Hypothalamus (gelb) und seiner "Eckpunkte" (rot).
b, Auschnitt aus a. Auf seiner Basalseite liegen: Chiasma opticum, Hypophyse und Corpora mamillaria. Dorsal bildet der Sulcus hypothalamicus die Grenze zum Thalamus. Er verläuft annähernd in der Intercommissurenlinie (rote Linie). Den vorderen Abschluß bildet die Lamina terminalis, eine dünne Glialamelle, die sich vom Vorderrand des Chiasma opticum zur Commissura ant. erstreckt. Kaudalwärts erfolgt der Übergang zum Mittelhirn ohne deutliche Grenze. Sie wird aus praktischen Gründen zwischen dem hinteren Pol der Corpora mammillaria und der Commissura post. gezogen. Die Begrenzungsebenen verlaufen folglich vorne von der Commissura ant. zum Vorderrand des Chiasma opticum und hinten von der Commissura post. zum Hinterrand der Corpora mammillaria.
c, Transformation der anatomischen Form in eine schematische Darstellung.
d, Grenzen und Grobeinteilung des Hypothalamus.

Die nebenstehende Abbildung als Flash

Abb. 12-2: Topographie des Hypothalamus
Legende

Abb. 12-a: Blick auf die Hirnbasis. Der rot markierte Bereich umfasst die Basis des Zwischenhirns und seine Nachbarstrukturen.
b, Darstellung des in a markierten Bereichs. An der Hirnbasis sind das Chiasma opticum und der Tractus opticus als vorderer und seitlicher Abschluß der Hypothalamusregion sichtbar. Sie umgreifen spangenartig die mediobasale Region des Hypothalamus. Diese imponiert makroskopisch als graue ("cinereus") Vorwölbung (Tuber cinereum mit Infundibulum und Hypophysenstiel) und enthält die Tuberkerne. Weiter kaudal wird die Basis des Hypothalamus durch die paarigen Corpora mammillaria abgeschlossen.

Abb. 12-b: 2, Chiasma opticum, 4, Hypophysenstiel, 5, Corpus mammillare, 10, Mittelhirn, 11, Bulbus olfactorius, 12, Uncus hippocampi, 13, Hemisphärenspalt, 14, Pedunculus cerebri, 15, Substantia nigra, 16, Aquaeductus cerebri, 17, Substantia perforata ant.

Rostro-kaudale Gliederung des Hypothalamus in Kerngruppen (Querzonen) Chiasma opticum, Hypophysenstiel und Corpus mamillare können als Landmarken für eine Gliederung in rostro-kaudaler Richtung verwendet werden (Abb. 12-#). Die zugehörigen Zellgruppen oder Bereiche werden als vordere, mittlere bzw. hintere Gruppe beziehungsweise als Area supraoptica, Area tuberalis und Area mamillaris bezeichnet.

Für eine topographische und funktionelle Zuordnung der wichtigsten Kerngebiete und Fasersysteme ist es nützlich, die Beziehungen des Hypothalamus mit den angrenzenden Vorder- und Mittelhirn-Regionen zu berücksichtigen. Hierzu gehören die benachbarten Areale des Limbischen Systems (die limbische Vorderhirn- und die limbische Mittelhirnregion), die Adenohypophyse, aber auch Komponenten der Basalganglien (Subthalamus).

Medio-laterale Gliederung des Hypothalamus in Längszonen (Seitenzonen) Neben der rostro-kaudalen Gliederung in Querzonen kann der Hypothalamus in medio-laterale Längszonen gegliedert werden. Ausgehend vom 3. Ventrikel lassen sich hierbei nach lateral 3 Zonen unterscheiden:

  • die periventrikuläre (subependymale) Zone, die als "zentrales Höhlengrau" (Substantia grisea centralis) kleine Nervenzellen mit überwiegend marklosen Fortsätzen sowie reichlich Gliazellen enthält. Sie steht in Zusammenhang mit dem zentralen Höhlengrau des Mittel- und Rautenhirns.
  • die mediale (intermediäre) Zone mit umschriebenen Kernansammlungen. Sie geht nach rostral in die Area septi medialis über.
  • die laterale Zone, die sich aus einem kurzkettigen, aus vielen Einzelkomponenten bestehenden Fasersystem (Mediales Vorderhirnbündel) zusammensetzt, in das wenige kleine Neurone eingestreut sind. Diese Zone geht in die Area septi lateralis über und grenzt lateral an Tr. opticus, Capsula interna und Pedunculus cerebri. Der Markreichtum der letztgenannten Strukturen erlaubt auch hier eine klare Abgrenzung des Hypothalamus.
Abb. 12-3: Frontalschnitte des Hypothalamus
Legende

in der Ebene der Area supraoptica (a), Area tuberalis (b) und Area mamillaris (c).

Die Längszonen sind farbig hervorgehoben (periventrikuläre Zone, intermediäre Zone, laterale Zone).

Bestimme: 1, Chiasma opticum, Tr. opticus, 2, Hypophysenstiel, 3, Corpus mamillare, 4, Seitenventrikel, 5, 3. Ventrikel, 6, Capsula interna, Pedunculus cerebri, 7, Fornix, 8, Commissura anterior, 9, Thalamus, 10, Balken, 11, Globus pallidus, 12, Ncl. caudatus, 13, Area septi, 14, Area hypothal. med., 15, Ncl. supraopticus, 16, Ncl. suprachiasmaticus, 17, Area hypothalamica lateralis, 18, Ncl. paraventricularis, 19, Ncl. infundibularis, 20, Ncl. ventromedialis, 21, Ncl. interstitialis der Stria terminalis, 22, Ncl. basalis, 23, Periventrikuläre Zone, 24, Ansa lenticularis, 25, Stria terminalis mit Vena thalamostriata, 26, Fc. princeps (Tr. mamillo-thalamicus und Tr. mamillo-thalamicus), 27, Fornix uns Pedunculus mamillaris, 28, Ncl. tuberomamillaris.

A.2 Kerngebiete des Hypothalamus

Aus der Kombination der Gliederung in Längs- und Querzonen ergibt sich folgendes Einteilungsschema der Kerngebiete des Hypothalamus und seiner Nachbarregionen:

Tabelle 12-1:
 

Vorderhirn

Hypothalamische Kerngruppen

Mittelhirn

   

Supraoptische Region

Tuberale Region

Mamillar-Region

 

laterale Zone

Area septi lateralis

Area hypothalamica lateralis

limbische

mediale Zone

Area septi medialis

Area hypothal. ant.,
Ncl. supraopticus,
Ncl. paraventricul.

Ncl. dorsomedialis,
Ncl. ventromedialis

(Ncl. tuberalis lat.)
Corpus mamillare

Mittelhirn-

periventrikuläre Zone  

Ncl. suprachiasmaticus

Ncl. infundibularis

(Ncl. tuberomamillaris)

Region

   

V e n t r i k e l s y s t e m

Vorschau Flash-Inhalte:

A.2.1 Supraoptische Region

Ncl. suprachiasmaticus (SCN): Der SCN liegt als Zelldifferenzierung der periventrikulären Zone an der Vorder-Seitenwand des 3. Ventrikels auf dem Chiasma opticum (Abb. 12-2a). Im SCN entstehen endogene, d.h. genetisch fixierte Rhythmen von annähernd 24 Stunden währender Phasendauer ("circadian"). Er erhält Afferenzen aus der Retina, die ihn über das Chiasma opticum erreichen und Informationen über den physikalischen Hell-/Dunkelwechsel der Umgebung vermitteln. Dieser Eingang dient der Anpassung (Korrektur) der endogenen circadianen Rhythmik an die exakte physikalische Zeit. Die rhythmischen Signale werden (über die subparaventrikuläre Zone) an andere Hirnstrukturen vermittelt. Sie erreichen auch das Corpus pineale, das durch die korrelierte rhythmische Hormonbildung (Melatonin) dem Gesamtorganismus mitteilt, "was die Stunde geschlagen hat". Die zeitlich autonom arbeitenden Hirnstrukturen und Körperorgane werden somit im Sinne einer Synchronizität vegetativer und verhaltensorientierter Gesamtfunktion koordiniert.

Abb. 12-5: Ncl. suprachiasmaticus
Legende

a, Frontalschnitt durch das Chiasma opticum und die vordere Kommissur. Blick von hinten auf die Lamina terminalis.

b, Ncl. suprachiasmaticus der Ratte (Luxol-Fast-Blue-Färbung, blau: Chisama opticum),

c, Ncl. suprachiasmaticus des Menschen (orange).

Ncl. supraopticus (SON) und Ncl. paraventricularis (PVN): SON und PVN gehören zur medialen Zone. Der SON beginnt dort, wo sich aus dem Chiasma opticum der Tr. opticus entwickelt; er folgt dann dessen Verlauf (daher der Name "supraopticus") bis zu den mittleren Gebieten des Tuber cinereum. Der PVN liegt unter der Seitenwand des Ventrikels. Beide Kerne fallen bei mikroskopischer Betrachtung durch sehr große, dicht gelagerte und deutlich gefärbte Nervenzellen auf. Sie produzieren die Hormone Oxytozin und Vasopressin (Adiuretin), die über axonalen Transport zur Neurohypophyse transportiert und dort auf einen Nervenreiz hin an das Gefäßsystem freigegeben werden (Neurosekretion). Die Kerne und ihre Einzelverbindungen (Tr. supraoptico-hypophyseus und Tr. paraventriculo-hypophyseus) werden als großzelliges hypothalamisches System zusammengefasst.

Abb. 12-6: Ncl. supraopticus und Ncl. paraventricularis und ihre Beziehung zur Neurohypophyse.
Legende

blau: V. hypophysialis inferior.

Der Ncl. paraventricularis besitzt neben seiner Verbindung zur Neurohypophyse zwei weitere funktionell wichtige Verbindungen:

  • von kleinzelligen Neuronen zur Eminentia mediana (Infundibulum). Sie regulieren über die Freisetzung von Corticoliberin die ACTH-Sekretion der Adenohypophyse und dienen damit der Manipulation von Bedrohlichkeitssituationen.
  • zum Hirnstamm und Rückenmark. Über diese Verbindungen nimmt der Hypothalamus Einfluss auf tiefer gelegene vegetative Zentren (Hirnstammkerne, z.B. Ncl. solitarius und Ncl. dorsalis nervi vagi).

Area hypothalamica anterior (AHA): Die AHA umfaßt den Ncl. anterior hypothalami und die sogenannte präoptische Region am Übergang zur Area septi. Das nicht gut abgegrenzte Areal füllt das Feld zwischen dem SCN und den großzelligen neurosekretorischen Kernen (SON/PVN) aus. Eine Zellverdichtung innerhalb dieses Areals wird als Ncl. intermedius bezeichnet. Er zeigt einen morphologischen Geschlechtsdimorphismus und hat daher den Namen "sexual dimorphic nucleus" erhalten.

Abb. 12-7: Lage des Ncl. intermedius ("sexual dimorphic nucleus") beim Menschen
Legende

gelb-blau: Ncl. suprachiasmaticus,
V3: 3. Ventrikel,
pv: Ncl. paraventricularis,
so: Ncl. supraopticus.

Area hypothalamica lateralis (AHL): Als AHL wird die Region im Grenzbereich zwischen Hypothalamus und Telencephalon bezeichnet. Sie wird vom Tr. telencephalicus medialis (Mittleres Vorderhirnbündel, MVB) durchzogen. Die locker in dieses aus kurzen Axonen bestehende Bündel eingewirkten Neurone können als dessen Schaltkern betrachtet werden (Ncl. interstitialis des MVB).

A.2.2 Tuberale Region

Ncl. infundibularis (INF): In der periventrikulären Zone schließt sich kaudal an den SCN der INF an. Er umgibt ringförmig den Trichtereingang zur Hypophyse. Seine Zellen bilden eine Vorwölbung auf der Ventralseite des Hypothalamus ("Tuber" cinereum). Dort, wo er dem Ventrikel (Recessus infundibularis) anliegt, ist das Ependym lückenhaft und ohne eine abdichtende subependymale Gliafaserschicht. Daher besteht hier eine Kontaktfläche zwischen dem Hirn- und dem Liquorsystem (siehe Kap. 23).

Abb. 12-8: Ncl. infundibularis und seine Beziehung zur Eminentia mediana (schwarz schraffiert)
Legende

Die Nervenzellen des INF bilden mit ihren dünnen, marklosen Axonen das Hauptkontingent des kleinzelligen hypothalamo-hypophysären Systems (Tr. tubero-infundibularis), das an den Gefäßen des Infundibulums (, siehe Hypophyse) endet. Über diese (neuro-hämale) Verbindung regulieren die Neurone des Ncl. infundibularis die Hormonfreisetzung in der Adenohypophyse. Aus ihren Axonendigungen werden sog. hypophysiotrope Hormone (Tab. 12-1) freigesetzt, die in die Blutbahn gelangen und bereits nach wenigen Millimetern ihren Wirkort, die Adenohypophyse, erreichen, bevor sie in der systemischen Zirkulation verdünnt und inaktiviert werden. Ncl. ventromedialis (HVM) und Ncl. dorsomedialis hypothalami (HDM): Der HVM grenzt dorsal und seitlich an den Ncl. infundibularis. Er empfängt vorwiegend Afferenzen aus dem Limbischen System (Mandelkern und AHL) und spielt eine Rolle bei der Regulation von Hunger und Sattheit. Der HDM ist eine diffuse, schwer abgrenzbare Zellansammlung dorsal vom HVM. Seine Rolle beim Menschen ist noch unklar.

A.2.3 Mamillar-Region

Ncl. tuberomammillaris: In diesem schwer abgrenzbaren Kerngebiet finden sich die einzigen Zellen des Gehirns, die Histamin als Neurotransmitter verwenden. Die Funktion ist unklar.

Area hypothalamica posterior (AHP): Die periventrikuläre Zone ist im Bereich der Mamillarregion nicht deutlich differenziert. Sie setzt sich kaudalwärts in das zentrale Höhlengrau des Mittelhirns fort. Die Fasern, die sich entlang der gesamten Ausdehnung der periventrikulären Zone sehr locker gruppierten, konvergieren in Richtung auf das zentrale Höhlengrau des Mittelhirns und bilden dadurch ein umschriebenes Bündelchen, den Fc. longitudinalis dorsalis.

Corpus mammillare. Es gleicht einem erbsengroßen sphärischen Körper, der von stark markhaltigen Fasern umgeben ist. Es bildet einen wichtigen Bestandteil des Limbischen Systems (siehe dort), besitzt aber keine direkten Verbindungen mit dem Hypothalamus selbst. Läsionen führen zur Beeinträchtigung der Gedächtnisfunktion.

Abb. 12-9: Lage der Corpora mammillaria
Legende

Darstellung der Übergangsregion von Mittel- und Zwischenhirn (Blick von Okzipital)

A.3 Verbindungen

Die meisten Fasersysteme des Hypothalamus sind rückläufig. Daher ist es wenig sinnvoll, Afferenzen und Efferenzen zu trennen. Abb. 12-10 zeigt die wichtigsten Fasersysteme des Hypothalamus.

Abb. 12-10: Fasersysteme des Hypothalamus
Legende

Schematische Darstellung von Faserverbindungen des Hypothalamus (gelb/orange).

In enger Beziehung zum Hypothalamus stehen die limbische Vorderhirnregion (durch Kreis markiert), die ein Haupteinfallstor für Afferenzen darstellt. Dazu gehören Verbindungen mit der Retina, dem Bulbus olfactorius, der Stria terminalis, Stria medullaris, Fornix, der ventralen amygdalofugalen Bahn und orbitofrontalen Afferenzen. Die dicken Pfeile im Hypothalamus symbolisieren die intrahypothalamischen Verbindungen, die Beziehung zur limbischen Mittelhirnregion (rechts) und zu den vegetativen Hirnkammerkernen sowie zu Hypophyse.

a, Projektion der Fasersysteme auf eine Horizontalebene (vgl. Abb. 12-1).

b, Die wichtigsten Beziehungen mit dem Limbischen System und der Hypophyse.
Bestimme:
1, laterale Zone des Hypothalamus, 2, mediale Zone, 3, periventrikuläre Zone, 4, Corpus mamillare, 5, Fornix und Pedunculus mamillaris, 6, Tr. mamillo-thalamicus und -tegmentalis, 7, periventrikuläres fasersystem, 8, Area septi, 9, kortikaler Teil des Mandelkerns, 10, basolateraler Teil des Mandelkerns, 11, ventrale amygdalofugale Verbindung, 12, Hippocampus, 13, Fornix, 14, Cingulum, 15, Ncl. anterior des Thalamus, 16, Gyrus parahippocampalis (Cortex entorhinalis), 17, limbische Mittelhirnregion, 18, zirkumventrikuläre Organe,

a. Das periventrikuläre Fasersystem: Es verläuft als markarme Faserplatte unterhalb des Ependyms in der periventrikulären Längszone und orientiert sich in zwei Richtungen: Ein Zug wendet sich nach dorsal und erreicht den Ncl. mediodorsalis thalami. Hierdurch gewinnt der Hypothalamus (indirekt) Verbindung zum frontalen Kortex. Der andere Zug orientiert sich nach kaudal. Seine Fasern Durch die konzentrieren sich infolge der Einengung des 3. Ventrikels zum Aquaeductus (mesencephali) und werden dadurch als umschriebenes Faserbündel erkennbar (Fc. longitudinalis dorsalis). Dieses System verbindet den Hypothalamus mit vegetativen (parasympathischen) Hirnstammregionen.

b. Markreiche, limbische Fasersysteme: Hierzu gehört der Fornix als Teil einer mehrgliedrigen Verbindung des Hypothalamus mit der Hippokampusformation (sog. Papezkreis, Abb. 12-11). Der Fornix selbst entwickelt sich aus der Hippocampusformation, verläuft zwischen lateraler und medialer Zone des Hypothalamus und strahlt von lateral in das Corpus mamillare ein. An der Medialseite verlassen die Fasern das Corpus mamillare als Tr. mamillo-thalamicus und erreichen nach Umschaltung im Ncl. anterior des Thalamus wieder die Hippocampusformation.

Dieser Papezkreis besitzt zwei wichtige Ergänzungen: Ein kleineres Faserkontingent trennt sich vom Fornix und zieht über der Commissura anterior nach vorne in die limbische Vorderhirnregion (Area septi). Die Area septi ist beim Menschen zum wichtigsten Sammelpunkt für Impulse geworden, die viszerale Funktionen beeinflussen (siehe Limbisches System, Kap. 14). Ein anderes Kontingent entspringt mit dem Tractus mamillo-thalamicus an der Medialseite des Corpus mamillare und zieht dann kaudalwärts zu vegetativen Hirnstammkernen (Ncl. tegmenti dorsalis). Eine rückläufige Verbindung zieht von dort als Pedunculus mamillaris wieder zum Corpus mamillare.

Abb. 12-11: Papezkreis

c. Das mediale Vorderhirnbündel (MVB): Es verläuft in der lateralen Zone und besteht aus vielen Einzelkomponenten auf- und absteigender Fasern. Diese verbinden Strukturen des Paläocortex und orbitofrontalen Cortex sowie die Area septi mit der Hippocampusformation, dem Mandelkern und dem Striatum. Kaudal setzt sich das MVB in das dorsolaterale Fasersystem des Hirnstamms und des Rückenmarks fort. Es beeinflußt sowohl parasympathische (Ncl. solitarius, Ncl. dorsalis n. vagi, sakraler Abschnitt des Rückenmarks) wie sympathische Areale (intermediolaterale Zellsäule). Der Faseraustausch zwischen MVB und Hypothalamus ist "diffus" und findet auf allen Querebenen statt


Tab. 12-1: Die wichtigsten Faserbeziehungen des Hypothalamus.

Verbindungen

 

1. Limbisches System:

a, Fornix,

b, Stria terminalis,

c, ventrale amygdalofugale Fasern,

d, Verbindungen über die basale (limbische) Vorderhirnregion (Area septi),

e, Verbindungen mit der (limbischen) Mittelhirnregion.

2. Vegetatives System:

a, periventrikuläres Fasersystem (Fc. longitudinalis dorsalis),

b, Tr. mamillo-tegmentalis

c, Verbindung zu vegetativen Hirnstammarealen (aus Ncl. paraventricularis)

3. Neurohypophyse:

Verbindung zwischen Ncl. supraopticus und paraventricularis mit der Neurohypophyse (magnozelluläres hypothalamisch-neurohypophysäres System)

4. Adenohypophyse:

Verbindung zwischen Ncl. infundibularis und dem Kapillarnetz im Infundibulum (parvozelluläres hypothalamisch-adenohypophysäres System)

5. Kortex:

indirekte Verbindungen:
a, über das periventrikuläre System und den Ncl. dorsomedialis thalami zum präfrontalen Cortex,

b, über den Ncl. anterior thalami zum Gyrus cinguli,

direkte Verbindungen:
präfrontaler Cortex

6. Neurotransmittersysteme:

 

7.Vaskuläres System:

a, siehe 3. und 4.,

b, Zirkumventrikuläre Organe.


Die hormonalen Verbindungen des Hypothalamus werden im folgenden Abschnitt besprochen. Darüber hinaus verfügt der Hypothalamus über Rezeptoren für hormonale Regulationsstoffe sowie für Faktoren (Zytokine), die vom Immunsystem gebildet werden. Die Rezeptordichte für Hormone und für Zytokine ist besonders groß im Bereich der zirkumventrikulären Organe (siehe Kap. 23).


A.4 Funktion

Hypothalamischen Funktionen können zwei Bereichen zugeordnet werden:

1. Aufrechterhaltung der homöostatischen Ordnung (Konstanz des inneren Milieus). In seiner Auseinandersetzung mit der Umwelt befindet sich der Organismus in einem Zustand des Ungleichgewichts. Jede Abweichung von der Norm äußert sich beim inneren Milieu in dessen Konstanten: Druck, Volumen, Temperatur, chemische Zusammensetzung, etc.. Dank spezifischer Viszerorezeptoren können Veränderungen dieser Konstanten direkt erfaßt werden. Über Eingänge zum Hypothalamus, aber auch über Rezeptoren im Hypothalamus selbst, wird er über jegliche Abweichung des inneren Milieus informiert. Eine Aufgabe des Hypothalamus besteht darin, die Diskrepanz (Abweichung) aufzuheben. Die Antwort auf die Abweichung der Werte im Hypothalamus erfolgt a.) neuronal, b.) hormonal und c.) immunregulatorisch.

Der SCN besitzt hierbei eine wichtige integrative Funktion, indem er die Fluktuation des Zentralzustandes in ein der physikalischen Umwelt entsprechendes Tagesprogramm einbindet, d.h. den verschiedenen Organsystemen eine geregelte Arbeitszeit auferlegt. Er bildet damit die Voraussetzung einer zyklischen Routine der Lebensäußerung, die dem Menschen selbstverständlich ist. Eine Störung dieser Routine führt zu erheblichen (arbeits-) medizinischen und psychischen Problemen.

2. Regulation elementarer Verhaltensweisen. Der Hypothalamus befriedigt nicht nur ein homöostatisches Bedürfnis. Auch elementare Verhaltensweisen wie Essen, Trinken, Explorationstrieb, Sexualtrieb sind an den Hypothalamus gekoppelt, wobei unterschiedlichen Hypothalamusregionen bestimmte Präferenzen für derartige Aufgaben zukommen. Für eine grobe Klassifizierung ist es zuträglich, die hypothalamische Funktion im Sinne eines funktionalen Dualismus zu verstehen. Hierfür hat man eine Theorie von Doppelzentren entwickelt. Entsprechend diesem Konzept findet sich neben einem Zentrum für Hunger ein solches für Sattheit, neben einem Zentrum für Lust eines für Aversion etc. (Annäherungs- / Fluchtzentrum; parasympatisches Reaktionszentrum/ sympatisches Zentrum; Zentrum für Wachheit/ Schlaf).

Die Koordination dieser Verhaltensweisen nimmt einen großen Teil des Gehirns in Anspruch. In dieses Koordinationssystem sind die hypothalamischen Verbindungen zur Hypophyse, die vegetativen Zentren des Hirnstammes und die limbischen Areale einbezogen. Die Verbindung mit dem Neocortex ist hingegen sehr gering.

Abb. 12-13: Funktionen des Hypothalamus
Legende

1, Biologische Uhr (Entstehung und Vermittlung zirkadianer Rhythmen im SCN);
2, Schlafrhythmus; und:
3, Diurese (SON/PVN: Bildung von Vasopressin),
4, Milchejektionsreflex (SON/PVN: Bildung von Oxytocin: Kontraktion der Myoepithelzellen der Milchdrüsenalveolen nach mechanischer Reizung der Brustwarze),
5, Streß (HVM),
6, Temperaturregulation (Area hypothalamica anterior und PVN),
7, Erotisierung und Sexualverhalten,
8, Affektverhalten und Gedächtnisfunktion,
9, Regulation von Hunger und Sattheit (HVM).

A.5 Zusammenfassung

Der Hypothalamus nimmt die Basis des Zwischenhirns (ZH) ein.

Die rostro-kaudale Anordnung von Sehnervenkreuzung, Hypophysenstiel und Mamillarkörper bildet die Grundlage der Gliederung in Querzonen. Zusätzlich kann der Hypothalamus in drei medio-laterale Längszonen gegliedert werden: die periventrikuläre, mediale und laterale Zone.

Differenzierungen der periventrikulären Zone sind der Ncl. suprachiasmaticus ("innere Uhr") und der Ncl. infundibularis (Kopf des kleinzelligen hypothalamo-hypophysären Systems).

Zu den wichtigsten Kernen der medialen Zone gehören der Ncl. supraopticus und Ncl. paraventricularis (Ausgangspunkt des großzelligen hypothalamo-hypophysären Systems). Der Ncl. paraventricularis reguliert außerdem über die Freisetzung von Corticoliberin die ACTH-Sekretion in der Adenohypophyse und besitzt eine wichtige Projektion zu vegetativen Hirnstammkernen. Der Ncl. ventromedialis spielt eine Rolle bei der Regulation von Hunger und Sattheit. Das Corpus mamillare bildet einen wichtigen Bestandteil des Limbischen Erregungskreises (Papez Kreis).

Die Area hypothalamica lateralis wird vom Tr. telencephalicus medialis (mediales Vorderhirnbündel) durchzogen.

Die hypothalamische Kontrolle des autonomen Nervensystems nimmt von 4 Hypothalamuskernen ihren Ursprung (Ncl. paraventricularis , Ncl. dorsomedialis, Area hypothalamica lateralis, hinterer Hypothalamus) und verläuft über das mediale Vorderhirnbündelden und den Fc. longitudinalis dorsalis.

B. Hypophyse

Abb. 12-14:
Abb. 12-14b:

Die Hypophyse besteht aus zwei, ihrer Struktur, Herkunft und Funktion nach gänzlich verschiedenen Anteilen, einem Drüsenteil (Adenohypophyse) und einem Hirnteil (Neurohypophyse, Abb. 12-14).

Abb. 12-15:

Der Hirnteil bildet sich als Ausstülpung des Zwischenhirnbodens. Er enthält Axone bzw. Axonendigungen (keine Perikaryen !) der magnozellulären hypothalamischen Zellgruppen (SON und PVN, siehe oben), sowie Gliazellen. Der Drüsenteil entstammt dem Ektoderm des Mundhöhlendaches (Abb. 12-15) und besteht aus regelrechten Drüsenzellen, deren Sekret (Hormon) an den allgemeinen Blutkreislauf abgegeben wird.

Abb. 12-16: Entwicklung und Gliederung der Hypophyse
Legende

Abk.: 1, Ausstülpung des Zwischenhirnbodens, 2, Rathke'sche Tasche, 3, Chorda dorsalis, 4, Zwischenhirnboden, 5, Diaphragma sellae, 6-8, Adenohypophyse, 6, Pars tuberalis = infundibularis, 7, Pars intermedia, beim Menschen rudimentär, 8, Pars distalis, 10-12, Neurohypophyse, 10, Infundibulum = Eminentia mediana, 11, Zwischenstück, 12, Hinterlappen = Neurohypophyse i.e.S., 13, 3. Ventrikel, 14, Keilbein, α: suprasellärer (proximaler) Hypophysenabschnitt, β: infrasellärer (distaler) Hypophysenabschnitt.

Mit klassisch histologischen Färbetechniken werden farbgierige (chromophile, ca. 50%) und farbscheue (chromophobe, ca. 50%) Zellen unterschieden.. Die chromophilen Zellen lassen sich ihrerseits je nach Affinität ihrer Granula (Hormone) zu sauren oder basischen Farbstoffen als azidophile Zellen (bilden Effektorhormone) und basophile Zellen (bilden Steuerhormone) unterteilen. Die Freisetzung der Hormone des Drüsenteils wird durch Sekrete von Neuronen des Hypothalamus reguliert (s.u.).

Abb. 12-17: Baso- und eosinophile Zellgruppen der Adenohypophyse

2.1 Neurosekretion

Unter Neurosekretion versteht man die Bildung von Hormonen durch Neurone des Zwischenhirns und ihre Freisetzung an das Gefäßnetz. Durch diesen Prozess ergibt sich eine direkte Beziehung zwischen ZNS und Endokrinium. (Salopp ausgedrückt gewinnt das Gehirn dadurch den Charakter einer Drüse). Hierbei sind die Verhältnisse hinsichtlich der Regulation der Funktion von Neurohypophyse und von Adenohypophyse zu unterscheiden.

Abb. 12-18:
Legende

Die Hormone der Adenohypophyse werden in den epithelialen Drüsenzellen gebildet und in die systemische Zirkulation freigegeben. Die Kontrolle dieser Freigabe von Drüsenhormon erfolgt über ein Gefäßnetz in der Eminentia mediana (Primärplexus). An diesem Kapillarnetz konvergieren die Nervenendigungen aller Neurone, die direkten (stimulierenden oder inhibierenden) Einfluß auf die Freisetzung nehmen. Sie befinden sich (hauptsächlich) im Ncl. infundibularis und seiner näheren Umgebung. Gemeinsam bilden sie das kleinzellige hypothalamo-hypophysäre System.

C. (dorsaler) Thalamus

C.1 Form und Lage des Thalamus

Der Thalamus bildet den dorsalen Abschnitt des Zwischenhirns. Sein Vorderrand liegt in Höhe der vorderen Kommissur und des For. interventriculare; kaudal überragt er die hintere Kommissur. Er formt die Seitenwand des 3. Ventrikels oberhalb des Sulcus hypothalamicus bis zum Übergang in den Aquädukt; außerdem bildet er den Boden der Cella media des Seitenventrikels. Am Innenrand der oberen Thalamuskontur setzt der Plexus choroideus an (Taenia choroidea). Am Seitenrand stößt er an den Ncl. caudatus, von dem er durch den Sulcus terminalis abgegrenzt wird (Abb. 12-20).

Abb. 12-20: Topographie des Thalamus.
Legende

Stufenschnitt von dorsal betrachtet (Jacob).

Abk.: 1, Balken, 2, Thalamus, 3, Ncl. caudatus, 4, Putamen, 5, Seitenvemtrikel, 6, Septum, 7, Fornix, 8, 3. Ventrikel, 9, Massa intermedia, 10, Corpus pineale, 11, Commissura posterior, 12, Ncl. habenulae, 13, Colliculus sup., 14, Colliculus inf., 16, Stria terminalis, 17, Taenia choroidea, 18, Stria medullaris.

C.2 Organisation des Thalamus: Kerngruppen und ihre Verbindungen

Die Kernsubstanz des Thalamus ist durch Lamellen (Laminae) weißer Substanz gegliedert (Abb. 12-21). Dadurch können folgende vier Hauptkerne mit bloßem Auge erkannt werden:

Abb. 12-21:
  • vorderer,
  • hinterer,
  • mittlerer,
  • seitlicher Thalamuskern (einschließlich Metathalamus).

In die Faserlamellen sind die sog. intralaminaren Kerne eingeschlossen. Schließlich wird die Seitenfläche des Thalamus durch eine dünne Zellschicht eingehüllt (Ncl. reticularis thalami).

Abb. 12-22: Gliederung des Thalamus
Legende

a, Frontalschnitt,
b, Horizontalschnitt,
c, Seitenansicht.

Der Thalamus kann in folgende Hauptkerne gegliedert werden:
A: Vorderer Abschnitt des Thalamus (Ncl. anterior thalami),
M: Medialer Teil des Thalamus (Ncl. medialis thalami), L: Seitenteil des Thalamus mit Unterteilung in einen dorsalen und ventralen Abschnitt (Der ventrale Abschnitt wird in weiter in Ncl. ventralis anterior/VA, -medialis/VM, - posterior/VP unterteilt, schraffiert),
P: Hinterer Thalamusabschnitt, sowie
IL: Intralaminare Kerne (Ce, Centrum medianum, Pf, Ncl. parafascicularis thalami),
ML: Mittellinienkerne,
X: Ncl. reticularis thalami und Metathalamus: CGL,CGM (Corpus geniculatum laterale und mediale, punktiert).

Tabelle 12-2:

Hauptkerne

Hauptafferenzen

Hauptefferenzen

Hauptfunktion

 

vorderer Kern:
Ncl. anterior thalami

Corpus mammillare

Gyrus cinguli

Teil des Limbischen Systems,
Emotionalität und Mechanismen der Gedächtnisspeicherung

 

medialer Kern:
Ncl. dorsomedialis thalami

praefrontaler Kortex,
Mandelkern
,
ventrales Striatum,
ventrales Pallidum,
Mittelhirn (Tectum, Tegmentum),
Hypothalamus

praefrontaler Kortex,

Integration von somato- und viszerosensiblen Informationen in Bezug zum Persönlichkeitsmuster und zum subjektiven Erlebnisbereich des Individuums

 

lateraler Kern:



gemeinsam mit dem Metathalamus Schaltstelle für alle sensiblen und sensorischen Bahnen (mit Ausnahme der olfaktorischen Verbindungen)

 

Ncl. ventralis anterior (VA), -


Globus pallidus, Substantia nigra

prämotorischer Kortex


 

 

Kleinhirnkerne

Gyrus praecentralis

 

 

Ncl. ventralis posterior (VP) mit Unterteilung in inneren (VPM) und äußeren (VPL) Teil.


sensible Systeme der Extremitäten und des Rumpfes aus dem Rückenmark (sog. epikritische oder diskriminatorische Sensibilität)

Gyrus postcentralis

 

 

hintere Kerngruppe



Assoziationskerne

 

Intralaminäre Kerne

 

 

 

 

 

Innenohr

 

Hörzentrum

 

 

 

 

Sehzentrum

 

Thalamuskerne

Afferenzen

Efferenzen

 

1. Kortikale Relaiskerne

VP - L

Tr. spino-thalamicus
Tr. bulbo-thalamicus
Tr. nucleo-thalamicus

Gyrus postcentralis

 

 

VP - M

Tr. nucleo-(trigemino-)-thalamicus

Gyrus postcentralis

 

 

VL

Kleinhirn

Gyrus präcentralis

 

 

VA

Globus pallidus, Substantia nigra, pars reticulata

frontaler Kortex, prämotorischer Kortex (einschl. frontales Augenfeld: Area 8)

 

 

Corpus geniculatum lat.

Retina

Sehzentrum

 

 

Corpus geniculatum med.

Colliculis inferior

Hörzentrum

 

 

A

Corpus mamillare

Cingulum (Cortex limbicus)

 

 

M

Globus pallidus, Hypothalamus, Amygdala

Frontalhirn

 

2. Assoziationskerne

LD
LP
Pulvinar

andere Thalamuskerne

Lobus parietalis med.,
Lobus occipitalis, Lobus temporalis

 

3. Truncothalamus

Intralaminare Kerne

Formatio reticularis

diffuse Projektion zur Großhirnrinde, Striatum

 

 

Mittellinienkerne

Zusammenhang mit dem autonomen Nervensystem

 

Legende

Abk.:
A, Ncl. anterior thalami,
LD, Ncl. lateralis thalami, pars dorsalis,
LP, Ncl. lateralis thalami, pars posterior,
M, Ncl. medialis thalami,
VA (lat), Ncl. ventralis, pars anterior thalami (Pars lateralis),
VL, Ncl. ventralis, pars lateralis thalami,
VM, Ncl. medialis thalami,
VP - L, Ncl. ventralis posterior thalami, pars lateralis,
VP - M, Ncl. ventralis posterior thalami, pars medialis,

Abb. 12-23: Relaiskerne des Thalamus
Legende

Endigung der sog. extrapyramidal-motorischen Systeme und Endigung der Afferenzen aus dem Kleinhirn (Abk. siehe Abb. 12-10a).

Die (meisten) Verbindungen sind sehr präzise (spezifisch) organisiert, d.h. Verbindungen aus umschriebenen Gebieten werden in ebensolchen Abschnitten des Thalamus umgeschaltet und an umschriebene Kortexareale weitergeleitet. Die betreffenden Kortexareale besitzen rückläufige Verbindungen zum Thalamus. Der Thalamuskern und sein entsprechendes Rindengebiet bilden so eine funktionelle Einheit: den thalamo-korticalen Neuronenkreis. Ein wichtiges Element dieser thalamo-kortikalen Wechselbeziehung ist der Ncl. reticularis. Er erhält Kollateralen von thalamokortikalen und corticothalamischen Fasern und hat Verbindung zu spezifischen und unspezifischen Thalamuskernen (Abb. 12-x).

Abb. 12-24: Schaltprinzip des Ncl. reticularis

Neben diesen Relaiskernen mit (spezifischen, unimodalen) Verbindungen zum Kortex, gibt es andere Thalamuskerne, die mit vielen Kernen verschaltet sind und diffus zum Kortex projizieren. Sie werden als unspezifische Thalamuskerne bezeichnet. Hierzu gehören die intralaminären Kerne.

D. (ventraler Thalamus) Subthalamus

D. 1 Funktion des Thalamus

1. Der Thalamus besitzt einige sehr wichtige Kerne, die im Schaltschema der entsprechenden Verbindungen an anderer Stelle ( Kap. 9, Kap. 10, Kap. 11, Kap. 13, Kap. 17, Kap. 18, Kap. 19, Kap. 20) diskutiert werden.

2. Im seitlichen Thalamus konvergieren Afferenzen aus den Basalganglien (VA), dem Kleinhirn (VL) und aus dem Anterolateralen und Lemniscus-System; dem gustatorischen sowie vestibulären System (VPL, VPM)t. (Es ist wahrscheinlich, daß die Information olfaktorischer Natur auf einer tieferen Ebene, evtl. gemeinsamen mit der Geschmackswahrnehmung verarbeitet wird, und dann ebenfalls auf den seitlichen Thalamus trifft).

3. Der Ncl. medialis erhält seine Afferenzen haupsächlich aus den ventralen strio-pallidalen Kernarealen und besitzt mächtige Verbindungen mit dem Frontallappen. Es ist ziemlich sicher, daß dieser Kern mit dem Selbstempfinden und der Persönlichkeitsstruktur zu tun hat.

4. Die intralaminaren Kerne sind sehr eng mit den Aktivitäten der Formatio reticularis liiert. Sie erhalten den Großteil ihrer Information aus dieser Quelle. Ihre strategische Lage erlaubt es ihnen, den Zustand der allgemeinen Aktivität zu registrieren und dem Kortex weiter zu vermitteln. Die interlaminaren Kerne sind daher in der Lage, den allgemeinen Aufmerksamkeitsspiegel und die Vigilanz eines Individuums zu beeinflussen.

D. 2 Angewandte Anatomie

Da der Thalmus ein sehr wichtiges Relais- und Integrationszentrum mit präziser topographischer Ordnung darstellt, ergibt sich, dass seine Schädigung entsprechende klinische Auswirkungen besitzt. Sie werden nach der Lage der Schädigung als (postero-laterales, antero-laterales und mediales) Thalmussyndrom beschrieben. Die resultierenden Phänomene äußern sich in äußerst schmerzhaften, auf Analgetika nicht ansprechenden Schmerzen in der kontralateralen Körperhälfte. Hinzu treten beim Postero-lateralen Thalamussyndrom der Verlust der Tiefensensibilität, schwere Störungen der Oberflächensensibilität und Koordinationsstörungen; beim Antero-lateralen Thalamussyndrom motorische Störungen (Unsicherheit der Bewegungsausführung, Tremor, Hyperkinesen, und beim Medialen Thalamussyndrom vegetative Störungen, psychische Veränderungen und Demenz.

D. 3 Zusammenfassung

Der Thalamus wird in 4 Hauptkerne gegliedert: die vorderen, mittleren, seitlichen und hinteren Thalamuskerne.

Der seitliche, ventrale Thalamuskern wird wiederum in 3 Abteilungen unterteilt: Sein hinterer Abschnitt empfängt alle sensiblen Bahnen; seine vordere und mittlere Abteilung bildet jeweils eine Umschaltstation für sensomotorische Schleifen aus dem Kleinhirn (der cerebello-rubro-thalamo-cortico-ponto-cerebellare Kreis) und aus den Basalganglien (der cortico-striato-pallido-thalamo-corticale Kreis). Beide spielen eine Rolle bei der Durchführung von Willkürbewegungen. Diese Afferenzen zum Thalamus entspringen kontralateral.

Anatomisch und funktionell sind Thalamus und Cortex cerebri sehr eng miteinander verbunden.

Die Faserbeziehungen sind entweder spezifisch oder unspezifisch und betreffen den ipsilateralen Kortex.